Der höhere Standard zählt
Europa muss künftig nicht weniger, sondern mehr zusammenwachsen.
Das ist die Lehre, welche die Politik derzeit gottlob aus der
Euro-Schuldenkrise zieht. Für andere Bereiche von Wirtschaft und
Gesellschaft gilt Ähnliches: Europa wächst in dem Maße zusammen, wie
es jene unnötigen Unterschiede beseitigt, die Europäer daran hindern,
in einem europäischen Land zu arbeiten. Deutschland ist, wie
inzwischen hinlänglich bekannt, auf die Zuwanderung ausländischer
Fachkräfte angewiesen. Gerade erst hat eine Umfrage unter rund 20 000
Unternehmen ergeben, dass neben Facharbeitern in den technischen
Berufen vor allem im Pflegebereich händeringend Personal gesucht
wird. Wenn die EU-Kommission jetzt die Ausbildung von
Krankenschwestern oder Hebammen in den Ländern der Gemeinschaft
vereinheitlichen möchte, kann man dagegen schwerlich ein vernünftiges
Argument aufbieten. In Europa muss nicht jede Straßenlaterne gleich
sein – die Ausbildungsqualifikationen aber sollten es sein.
Unstrittig ist auch ein Zweites: An Pflege- und Gesundheitsberufe
werden künftig nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ höhere
Anforderungen gestellt. Die Ausbildung, die bisher in Europa
unterschiedlich lange dauert, sollte sich daher am höheren, nicht am
niedrigeren Standard ausrichten. Deutschland zählt zu der klaren
Minderheit derer, welche die von der EU angepeilte zwölfjährige
Schulpflicht noch nicht vorgeschrieben haben. Man müsste jetzt nicht
die Pisa-Ergebnisse bemühen. Aber auch die legen nahe: Es ist schon
gut so, wenn sich Deutschland diesmal der Mehrheit anpasst – und
nicht umgekehrt.
Pressekontakt:
Südwest Presse
Lothar Tolks
Telefon: 0731/156218
Weitere Informationen unter:
http://