Südwest Presse: Kommentar: Kretschmann

Ungeschickter Zug

Baden-Württembergs Regierungschef Winfried Kretschmann (Grüne)
beweist einmal mehr, dass er sich der öffentlichen Wirkung seines
Handelns nicht immer voll bewusst ist. Die von ihm Mitte 2012
unvermittelt in den politischen Raum gestellte Zahl von 11 600 zu
streichenden Lehrerstellen zeugt davon – wie nun auch sein
Energiewende-Vorstoß an Horst Seehofers Seite. Wer mit dem
unberechenbaren Münchner CSU-Regierungschef gemeinsame Sache macht,
den eigenen Koalitionspartner in Stuttgart dabei aber außen vor
lässt, hat den Überraschungseffekt auf seiner Seite. Er sollte sich
dann aber über Schlagzeilen à la „schwarz-grünes
Energiewende-Bündnis“ und eine verstimmte SPD nicht wundern. Dabei
fällt der Aufschrei der düpierten Genossen sogar verhalten aus – aus
reinem Selbstschutz: Sie können die Pläne von
SPD-Bundeswirtschaftsministers Sigmar Gabriel schon aus Parteiräson
nicht so angehen wie Grüne und CSU, zumal der Einfluss der
Südwest-SPD im Bund überschaubar ist. Der Vorgang zeigt auch, dass
die doppelte Juniorpartnerrolle in Berlin und Stuttgart für die SPD
mehr Last als Lust bedeuten kann. Nicht allein aufgrund der
verzwickten Lage der Genossen hätte Kretschmann gut daran getan, sie
früh einzubinden. Er braucht die SPD am Ende mehr als Seehofer:
Mittelfristig, um in Energiefragen Verbündete unter den roten
Ministerpräsidenten zu finden. Langfristig, um selbst Regierungschef
zu bleiben.

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Südwest Presse
Ulrike Sosalla
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