Südwest Presse: KOMMENTAR · MISSBRAUCHSBEAUFTRAGTER

Vorausschauender Vorschlag

So viel ist sicher: Wenn im Oktober die Amtszeit von Christine
Bergmann als Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung abläuft, hat
die einstige SPD-Familienministerin viel geschafft. Sie hat
aufgeklärt, Entschädigungslösungen und Hilfsangebote am Runden Tisch
mit erarbeitet und sie hat dafür gesorgt, dass Betroffene
Ansprechpartner finden. Doch das Thema – und damit auch die
Herausforderung für die Politik – ist damit nicht erledigt. Die
Ereignisse des vergangenen Jahres haben Deutschland verändert. Man
wird wohl nie mehr so unbedarft die Folgen sexueller Gewalt an
Kindern und Jugendlichen ignorieren können wie noch vor wenigen
Jahren. Gott sei Dank. Die ans Licht gekommenen Verbrechen an Kindern
in den großen Kirchen und in der ach so aufgeklärten Odenwaldschule
haben hoffentlich ein für alle Mal sensibel gemacht, für die
seelische und körperliche Not, die sexuelle Gewalt auslöst. Warum
also nicht weiter am Thema bleiben, die Informationen bündeln, den
Opfern eine starke Stimme in der Gesellschaft geben? Es spricht
nichts gegen die Forderung der Bundesinitiative der Betroffenen. Es
ist auch nichts dagegen einzuwenden, dass der Bundestag einen
geeigneten Ansprechpartner bestimmt. Das unterstreicht die Bedeutung
des Themas und stärkt die Position des Beauftragten. Diese Überlegung
ist vorausschauend. Wenn der unabhängige Beauftragte die Interessen
der Opfer gegenüber mächtigen gesellschaftlichen Gruppen wie zum
Beispiel den Kirchen, Sportverbänden oder Schulen zur Sprache bringen
soll, braucht er eine politische Legitimation. Je stärker desto
besser.

Pressekontakt:
Südwest Presse
Lothar Tolks
Telefon: 0731/156218