Südwest Presse: Kommentar NSU

KOMMENTAR · NSU

Der nächste Skandal Der Weg zur Aufarbeitung des NSU-Komplexes ist
derart mit Skandalen gepflastert, dass man den Glauben an den Staat
verlieren kann. Da ermitteln Behörden systematisch in die falsche
Richtung, es tauchen Polizisten auf, die ihre Freizeit beim
Ku-Klux-Klan verbringen, und der Verfassungsschutz schreddert munter
Akten. Eine besonders unsägliche Episode fand 2006 in Hessen statt.
Dort erschossen Nazis Halit Yozgat – und ein Verfassungsschützer war
zur Tatzeit am Tatort. Angeblich zufällig, angeblich rein privat,
angeblich ohne von den Schüssen etwas zu bemerken. Wer diese Version
glaubt, der glaubt auch an das Christkind und vermutlich glaubt er
auch, dass an den Abhörprotokollen nichts dran ist, die darauf
hindeuten, dass eben dieser Verfassungsschützer nicht nur nicht
zufällig am Tatort war, sondern vorher von dem Plan wusste. Es passt
ins Bild, dass all dies von Journalisten ans Tageslicht befördert
wurde und nicht von Ermittlern. Denn statt Neonazis zu verfolgen, hat
der Verfassungsschutz diesen Sumpf durch Zahlungen an V-Leute
jahrzehntelang gewässert. Er hat die Ermittlungen der Polizei massiv
behindert, ja tut das offensichtlich noch. Und er versucht bis heute,
die strafrechtliche wie politische Aufarbeitung zu sabotieren. Als
wäre das alles nicht genug, muss sich Volker Bouffier, damals
Innenminister und heute Ministerpräsident Hessens, ähnliche Vorwürfe
gefallen lassen. Er verweigerte 2006 der Polizei den Zugang zu
V-Leuten des inkriminierten Verfassungsschützers. Und er mauert bis
heute zu seiner hindernden Rolle in der Affäre. Es scheint dringend
nötig, Bouffier im NSU-Prozess als Zeugen zu befragen – am besten
unter Eid.

Pressekontakt:
Südwest Presse
Ulrike Sosalla
Telefon: 0731/156218