Heulen ohne Zähneklappern
Einer der drei US-Notengeber hat mahnend den Finger gehoben und
schon hebt das Heulen an: Deutschland bald nicht mehr der
bestdenkbare Schuldner, welch eine Schmach! In solchen Kategorien mag
Politik denken, die Finanzmärkte ticken anders. Deshalb ist bei ihnen
auch das Zähneklappern ausgeblieben, das noch vor Monaten jede
Abstufung eines Euro-Krisenlandes ausgelöst hatte. Was Moody–s zu
bedenken gibt, ist fast schon banal: Eine Euro-Krise, die sich
ausweitet, zieht auch die Zahlungsfähigkeit der stärksten
Volkswirtschaft irgendwann in Mitleidenschaft. Ob sich die Krise
tatsächlich ausweitet, die Euro-Zone gar schon an der Schwelle zur
Katastrophe steht, ist keineswegs so ausgemacht, wie das eine Gruppe
von Ökonomen behauptet. Mit ihrer berechtigten Mahnung verhält es
sich wie mit den Noten der Ratingagenturen: Es sind wertende
Analysen, keine objektiven Wahrheiten. Kenngrößen wie Verschuldung,
Wachstum oder Haushaltsdefizit müssen herangezogen werden. Alles
erklären können sie aber nicht. Die Urteile von Moody–s und Co. sind
ein Stück weit willkürlich, wie Urteile eben sind. Heute wird der
Sand eines Kinderspielplatzes nicht ohne vorheriges Gutachten
ausgewechselt. Niemand wird da ohne Expertise die Bonität ganzer
Staaten beurteilen wollen. Dies aber bleibt jedem unbenommen: die
Noten zu ignorieren – wie das die Finanzprofis gerade machen.
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Lothar Tolks
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