Schmales Fenster
Da gehen am 10. Mai knapp 0,8 Prozent der Wahlberechtigten in
Bremen an die Urnen und schon hakt es gewaltig in der großen
Regierungskoalition in Berlin. Sechs Stunden tagten die Parteichefs
im Kanzleramt. Das Ergebnis ist mit null noch großzügig beschrieben.
Die Bündnispartner haben nicht einmal vereinbart, sich vor den
Sitzungen des Koalitionsausschusses im Ton zu mäßigen. Dann könnte
man statt über Misstöne aus München und das Echo aus der SPD-Zentrale
wenigstens über politische Inhalte sprechen. Zum Glück steht in
diesem Jahr nur eine Landtagswahl an. Da könnte dem Frühjahr des
Nicht-Nachgebens ein Sommer der Kompromissfähigkeit folgen. Falls
nicht, wird es eng für das Zweckbündnis an der Spree. Im kommenden
Jahr stehen sieben Wahltermine an, vier im Frühjahr und drei im
Herbst. 2017 geht es munter weiter: Bevor der Bundestagswahlkampf
startet, wird die Macht in drei Ländern neu verteilt. Und über die
Wieder- oder Neuwahl des Bundespräsidenten haben sich schon kleine
Koalitionen so beharkt, dass die geschlagenen Wunden nur schwer
verheilten. Was heißt dies? Will Schwarz-Rot noch Reformen etwa zu
den Bund-Länder-Finanzen anpacken, bleibt ihr ein schmales
Zeitfenster. Um dieses zu nutzen, müssten alle Beteiligten auf
Polemikgetöse verzichten und ernsthaft nach Kompromisslösungen
suchen. Als CDU-Vorsitzende dürfte es Angela Merkel schwer haben, die
CSU-Polterer zu stoppen. Als Kanzlerin kann sie von ihrer
Richtlinienkompetenz Gebrauch machen. Das erfordert – nach Abwägen –
Entscheidungen. Dem Land wäre gedient, wenn es auch größere
Politikentwürfe verdient hätte.
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Ulrike Sosalla
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