Südwest Presse: KOMMENTAR · SOLIDARITÄTSZUSCHLAG

Zu kurz gedacht

Bei Versprechen sind Politiker gerne großzügig, insbesondere, wenn
sie erst in ferner Zukunft eingelöst werden müssen. Die Unionsspitze
will den Solidaritätszuschlag nicht mehr in die Einkommensteuer
einbauen und damit zur Dauereinrichtung machen, sondern abschaffen.
Allerdings erst von 2020 an und nur scheibchenweise. Für geplagte
Steuerzahler mag das gut klingen. Doch näher besehen ist diese
Festlegung nicht sinnvoll. Bis in fünf Jahren dürften Horst Seehofer
als CSU-Chef und Wolfgang Schäuble als Finanzminister abtreten. Und
wer wollte wetten, ob Angela Merkel dann noch Kanzlerin ist. Die
heutigen Politiker drehen ihren Nachfolgern schon mal langfristig den
Geldhahn zu. Bis dahin sichern sie ab, dass der Bund nichts von den
Soli-Einnahmen an die Länder abgeben muss. Dabei kämpfen die meisten
mit Finanzproblemen, und just ab 2020 müssen sie die Schuldenbremse
einhalten. Weil zum Ende dieses Jahrzehnts der Solidarpakt für
Ostdeutschland ausläuft, verhandeln Bund und Länder derzeit, wie es
danach weitergehen soll. Es geht um viele Milliarden. Ein Kompromiss
wird schwierig, zumal er eine Mehrheit nicht nur im Bundestag
braucht, sondern auch im Bundesrat. Deshalb macht es keinen Sinn,
wenn sich die Union vorab so festlegt – es sei denn, man hat die
bayerische Brille auf und fürchtet, künftig noch mehr in den
Länderfinanzausgleich einzahlen zu müssen. Das ist zu kurz gedacht.

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