Südwest Presse: KOMMENTAR · STEINBRÜCK

Eine Kante zu viel

Im Zirkus begegnen sich allenfalls zwei Clowns: der dumme August
und ein überheblicher Weißclown. Im italienischen Nach- und deutschen
Vorwahlkampf treten gleich drei Akteure auf. Der gern provozierende
Peer Steinbrück, der schrille Komiker Beppe Grillo und der „Kavalier“
Silvio Berlusconi. Alle drei vereint ein kaum zu stillendes
Verlangen, sich mit deftigen Attacken betont volksnah zu geben.
Jenseits der Alpen hat plumper Populismus unglaubliche Erfolge
gefeiert. Und diesseits? Nun ist der SPD-Kanzlerkandidat gewiss kein
Polit-Harlekin. Doch mit seiner schneidend scharfen Zunge gelingt es
ihm fortgesetzt so zu provozieren, dass Reaktionen Unbeteiligter
nicht ausbleiben können. Steinbrück hat ein Händchen dafür, Attacken
so präzise zu platzieren, dass sie nachwirken. Italiens Staatschef
Giorgio Napolitano konnte nicht anders, als ihm die Besuchstür vor
der Nase zuzuschlagen. Schließlich beleidigt der deutsche Genosse mit
seinen Clown-Vergleichen nicht nur die schillernden Politfiguren,
sondern fast jeden zweiten Wähler. Was bleibt? Peer Steinbrück hat
wieder einmal für Unterhaltung gesorgt. Seine schnippischen
Anmerkungen über die aufgeblasenen Hauptfiguren des Italo-Wahlchaos
mögen viele Menschen teilen. Doch Spott lässt sich kaum in
Wählerstimmen ummünzen, und mag er noch so zutreffen. Punkten lässt
sich mit guten Vorschlägen zu drängenden Problemen. Und dies mit
deutlichen Worten. Steinbrück kann beides: sauber analysieren und
kantig argumentieren. Doch er hört sich auch gern provokant reden.
Das ist Wählern, die er auf seine Seite ziehen will und muss, zu
wenig regierungstauglich.

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Lothar Tolks
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