Südwest Presse: KOMMENTAR · STEUERHINTERZIEHUNG

Gaucks Moral-Appell

Jetzt hat sich auch das Staatsoberhaupt in das aktuell am meisten
aufrüttelnde Thema der Deutschen eingeschaltet und die
Steuerhinterziehung als asozialen Akt gebrandmarkt. Doch
Bundespräsident Joachim Gauck bringt zunächst nur
Selbstverständliches zum Ausdruck. Den Vorwurf, auf der populären
Welle zu reiten, die der Fall Hoeneß ausgelöst hat, braucht er sich
jedoch nicht vorhalten zu lassen. Gaucks Festlegung zielt schließlich
auf die moralische Bewertung dessen ab, was der Bürger seinem Staat
schuldet. Sie ist bei den Reichen in Deutschland und überall auf der
Welt schon lange in Schieflage – die Enttarnung der gigantischen
Steuerflucht in die vielen Oasen rund um den Globus haben es gerade
bewiesen. Der Moral-Appell des früheren Pastors Gauck richtet sich
indes nicht nur an jene, die Millionen auf Banken im Ausland
gebunkert haben. Kleine Mogeleien bei der Steuererklärung sind weit
verbreitet. Wer das als Kavaliersdelikt abtut, ist – formal gesehen –
schon Kind des Geistes, der sich von der persönlichen Verantwortung
für das Gemeinwesen ausklammert. Die Debatte um Steuerehrlichkeit ist
richtig. Richtig ist auch, die besondere Verantwortung der
Leistungsträger dabei zu betonen. Falsch daran wäre, wenn sie den
bereits verbreiteten Argwohn gegen Reichtum verstärken würde. Und
falsch daran wäre auch, wenn sie nur der politischen Profilierung
diente. Denn das wäre das Letzte, was der Bundespräsident meinte.

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