Südwest Presse: KOMMENTAR · STEUERSCHÄTZUNG

Freudloser Rekord

Erstmals dürfte der Staat in diesem Jahr mehr als 600 Milliarden
Euro Steuern einnehmen. Das klingt gigantisch. Dank der immer noch
passablen Konjunktur sprudeln die Steuerquellen zumindest 2012
stärker, als die Steuerschätzer noch vor einem halben Jahr erwartet
hatten. Beim geplagten Steuerzahler kommt trotz – oder gerade wegen –
dieser Rekordsumme keine Freude auf. Schon weil der Staat mit diesem
Geld nicht auskommt: Allein der Bund will in diesem Jahr 28
Milliarden Euro neue Kredite aufnehmen. Es ist überfällig, dass sich
das ändert. Das verspricht auch die Regierungskoalition. Doch mit
ihren Wortgirlanden führt sie eher die Bürger hinters Licht. Da
kündigt Finanzminister Wolfgang Schäuble an, schon 2013 die Kriterien
der Schuldenbremse im Grundgesetz einzuhalten, drei Jahre früher als
vorgeschrieben. Das klingt gut. Tatsächlich aber bedeutet es immer
noch zehn Milliarden Euro neue Schulden – mindestens. So viel
„strukturelles Defizit“ ist auch künftig zulässig. Erst 2014 will
Schäuble darauf verzichten. Was längst nicht heißt, dass er keine
neuen Kredite einplant. Da gibt es immer noch konjunkturelle
Einflüsse und abenteuerliche Rechnungen, die begründen sollen, warum
ein Defizit kein Defizit ist. Wenn dagegen die berühmte schwäbische
Hausfrau ihrer Bank verspricht, ihr Konto nicht mehr zu überziehen,
dann heißt das: Kein Cent neue Schulden, auch nicht mit Tricks. Daran
müssen sich die Koalitionpolitiker halten, die im Wahlkampf über
viele Wohltaten nachdenken, von neuen Sozialleistungen bis zum Senken
des Solidaritätszuschlags: Sie müssen sparen statt mehr ausgeben.

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Lothar Tolks
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