Profit durch Stillstand
Es ist klar: Friedensgespräche in der Ukraine brauchen Geduld.
Obwohl die Zahl der Opfer fast täglich steigt, fehlt es an
politischem Willen. Noch haben die Kompromisslosen das Wort – ob sie
sich aus Donezk melden oder aus dem Parlament in Kiew, wo kürzlich
eine satte Mehrheit für den Abschied von der Blockfreiheit stimmte –
und damit für eine weitere Zuspitzung des Konfliktes. Beide Seiten
fürchten, mit Zugeständnissen Einfluss zu verlieren. So wundert es
nicht, dass der Versuch, Tage vor dem orthodoxen Weihnachtsfest dem
Frieden näher zu kommen, gescheitert ist. Beide Seiten einigten sich
nur auf das, was ihnen unmittelbar nützt: den Austausch von
Gefangenen. Den eingeschlossenen Zivilisten im Kriegsgebiet hilft das
nicht. Sie wissen nicht mehr, wie sie ohne Strom und Heizung, ohne
warmes Wasser und ohne die bis vor kurzem aus Kiew überwiesenen
Renten durch den eisigen Winter kommen. Im Stich gelassen werden sie
von Rebellen und Regierung. Das Tragische an diesem Konflikt ist: von
der politischen Erstarrung hoffen beide Seiten zu profitieren. Weil
militärisch keiner den Konflikt entscheiden kann, soll
Bewegungslosigkeit den Vorteil bringen. Die Separatisten, und mit
ihnen Moskau, wollen sich Einfluss sichern durch jederzeit
aktivierbares Drohpotenzial; und Kiew setzt darauf, dass der Westen
den Kontrahenten über Sanktionen in die Knie zwingt. Schlechte
Chancen für den Frieden.
Pressekontakt:
Südwest Presse
Ulrike Sosalla
Telefon: 0731/156218