Südwest Presse: KOMMENTAR · UKRAINE

Es ist völlig richtig, wenn deutsche Politiker an die
2010 in der Ukraine gewählte Regierung Viktor Janukowitschs klare
Signale senden. In seinem Land werden – nicht nur im Fall Timoschenko
– Bürger- und Menschenrechte schwer verletzt. Davor sollte niemand
die Augen verschließen, auch wenn das Land die
FußballEuropameisterschaft ausrichtet. Leider ignorieren Janukowitsch
und hinter ihm stehende Oligarchen die unmissverständlichen
Forderungen aus Europa, denen sich inzwischen auch US-Präsident Obama
angeschlossen hat. Stattdessen wähnen sie sich im „Kalten Krieg“ und
pochen auf ihre Unabhängigkeit. Doch damit gerät das Land immer
weiter in die politische Isolation. Dass auch Kritik an den
menschenverachtenden Zuständen aus Moskau kommt, macht die Lage der
Ukraine im Übrigen nicht besser. Denn Putins Russland, mit Kiew in
heftigen Streit um die Gasversorgung verwickelt, hätte durchaus
Interesse an einer Schwächung der ehemaligen Sowjetrepublik, um den
eigenen Einflussbereich auszudehnen. Das jedoch kann dem Westen nicht
gefallen, der die Demokratiebemühungen in dem strategisch wichtigen
Land stets unterstützte und es nach der Orangenen Revolution bereits
auf dem Weg in die Europäische Union sah. Solche Abhängigkeiten
zeigen, dass Boykott-Aufrufe allein nicht ausreichen. Es wäre
wichtig, zugleich mit einer Art stillen Diplomatie zu versuchen,
Janukowitsch aus der Ecke zu holen, in die er sich gestellt hat.
Timoschenkos Freilassung für eine angemessene medizinische Behandlung
lautet der von Bundeskanzlerin Angela Merkel aufgerufene Preis. Noch
ist Zeit dafür, ihn zu zahlen.

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Lothar Tolks
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