Südwest Presse: KOMMENTAR · VOLKSWAGEN

KOMMENTAR · VOLKSWAGEN

Kassieren statt sanieren Es ist wohlfeil, Spitzenmanagern ihre
hohen Gehälter vorzuhalten. Allzu oft werden im Stammtischdunst
Prinzipien der Marktwirtschaft über den Haufen geworfen und das Lied
von „denen da oben“ und „wir hier unten“ gesungen. Doch wenn dieses
Lied jemals eine Berechtigung hatte, dann im Fall der
VW-Vorstandsabzocker. Wer gestern bei der Bilanzvorlage erwartet
hatte, dass der Volkswagen-Vorstand in der umstrittenen Bonifrage
noch Vernunft annimmt, wurde enttäuscht. Insgesamt genehmigt sich die
Managerriege für das Jahr 2015 eine Rekordgage von 63,2 Millionen
Euro, 2014 waren es noch 54 Millionen. Allein Ex-Chef Winterkorn
erhält davon 7,3 Millionen Euro. Der aktuelle Vorstandsschef Matthias
Müller mokierte sich gar noch über den niedersächsischen
SPD-Ministerpräsidenten Stephan Weil, der die Diskussion über die
Höhe der Boni in die Öffentlichkeit getragen habe, weil er diese Gier
für nicht vermittelbar hält. In der Tat – auch wenn die Zahlungen
vertraglich vereinbart sind – kann dieses Verhalten nur noch
Kopfschütteln auslösen. Erfolgsboni – wofür? Dafür, dass der Gewinn
von über zehn Milliarden Plus auf 1,5 Milliarden Miese abstürzte?
Dafür, dass die Aktionäre noch magere 17 Cent Dividende erhalten –
statt 4,86 Euro vor Jahresfrist? Oder dafür, dass Volkswagen den Ruf
einer ganzen Branche ruiniert hat? Es wird endlich Zeit, dass in
deutschen Vorstandsetagen nicht nur Erfolg – zurecht – generös
honoriert wird, sondern auch Misserfolg spürbare Folgen hat. Die
Stammtische fordern längst mehr als das und Parteien am rechten und
linken Rand nehmen das Geschrei dankbar auf. VW verspielt mehr als
nur seinen guten Ruf. ULRICH BECKER

Pressekontakt:
Südwest Presse
Ulrike Sosalla
Telefon: 0731/156218