Beinahe-Paradies
Vollbeschäftigung, das klingt nach rosigen Zeiten, nach einem
Paradies, in dem jeder ein respektables Auskommen hat, nach einem
„Jobwunder“, wie man es aus den späten 50er Jahren und den
beginnenden 60er Jahren kennt. Kein Wunder also, dass Regierende –
zumal wenn Wahlen nahen – gerne das Ziel der Vollbeschäftigung
verkünden. Damit lässt sich ordentlich Stimmung machen, egal ob es
sich um den CSU-Dauerwahlkämpfer Seehofer handelt, der in Bayern
immer mal wieder die Glocken wundersam läuten hört, oder den
liberalen Überlebenskämpfer Zeil. Der muss sich womöglich an seinen
Worten ohnehin nicht mehr messen lassen. Aber Vollbeschäftigung ist
nicht gleich Vollbeschäftigung, mal abgesehen davon, dass eine hohe
Beschäftigung im Interesse jedweder Regierung sein muss und es sich
über die Definition, also darüber, wie hoch die Arbeitslosenquote
dann noch sein darf, trefflich streiten lässt. Vollbeschäftigung
bedeutet noch lange nicht, dass dann jeder von seiner Arbeit auch
wirklich leben kann. Die Ausweitung des Niedriglohnsektors, die
Zwei-Klassen-Gesellschaft in vielen Firmen durch Leiharbeit und
Werkverträge, die Unsicherheit durch Befristungen, all das ist für
viele Beschäftigte bittere Realität, auch im Beinahe-Paradies Bayern
und im Südwesten. Vollbeschäftigung ist nur ein kalter, statistischer
Begriff, ein erstrebenswertes Ziel natürlich, aber nicht der Himmel
auf Erden für alle.
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Lothar Tolks
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