Südwest Presse: KOMMENTAR · WIEDEKING

In der Schuld

Staatsanwälte küsst man nicht, heißt ein Kinofilm. Staatsanwälte,
die einem leid tun, hieß die Vorführung gestern im Stuttgarter
Landgericht. Die Urteilsverkündung gegen Ex-Porsche-Chef Wendelin
Wiedeking und den ehemaligen Finanzvorstand Holger Härter glich in
weiten Teilen eher einer Anklage – der Staatsanwaltschaft. Der
Vorsitzende Richter watschte die beiden regelrecht ab und zerpflückte
ihre Anklage: Freispruch für die Finanzjongleure, die einmal den
wahnwitzigen Traum hatten, der Zwerg Porsche könnte den Riesen
Volkswagen übernehmen. Der Prozess hätte so nicht geführt werden
sollen. Doch das deutsche Recht sieht eine Einstellung des vor vielen
Jahren angestrengten Verfahrens nur unter ganz bestimmten – hier
nicht gegebenen – Umständen vor. Es galt für die Staatsanwälte: Augen
zu und durch. Und so sind die Verhandlungstage auch verlaufen. Dabei
ist der Kern der Anklage richtig. Zwar lässt sich ein Zusammenhang
zwischen Mitteilung und Kursexplosion der VW-Aktie nicht beweisen.
Aber eben auch nicht vollständig von der Hand weisen. Die Folgen
kosteten Anleger Milliarden, Porsche ist heute eine VW-Tochter.
Möglicherweise tragen Wiedeking und Härter eben doch Schuld daran.
Der Ausgang des Strafverfahrens könnte auch ein Signal an
Zivilprozesse sein, wo Fonds Milliarden Euro Schadenersatz klagen –
bisher ohne großen Erfolg. Wer sich gute Verteidiger leisten kann,
hat oft Recht.

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Ulrike Sosalla
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