Der getriebene Präsident
Auf Schloss Bellevue hängt der Haussegen schief. Die Trennung des
Bundespräsidenten von seinem Pressesprecher ist Ausdruck höchster
Nervosität und persönlicher Differenzen in Christian Wulffs Umfeld.
Es geht im Kern darum, wie sich unser Staatsoberhaupt angemessen
gegen den Vorwurf zur Wehr setzen soll, als Ministerpräsident in
Niedersachsen private und dienstliche Angelegenheiten nicht sauber
genug unterschieden zu haben. Da sind noch manche Fragen offen.
Augenscheinlich aber ist die Absicht Wulffs gescheitert, seinen
Anwälten die heikle Aufgabe zu überlassen, immer neue Enthüllungen
über seinen Hauskredit und andere Gefälligkeiten seiner Freunde zu
kommentieren. Das roch allzu sehr nach Salamitaktik. Der
Bundespräsident konnte in eigener Sache nicht länger schweigen, bevor
er den Bundesbürgern in seiner alljährlichen Fernsehansprache
fröhliche Weihnachten wünscht. Doch wirkte Wulff bei seinem kurzen
Auftritt wie ein Getriebener. Seine Worte des Bedauerns waren mehr
eine Reaktion auf den öffentlichen Wirbel, den er entfacht hat, ein
Zugeständnis an Forderungen aus Medien und Politik nach einer
persönlichen Erklärung. Ob das Opfer seines Vertrauten den
Präsidenten dauerhaft aus der Schusslinie bringt, ist zweifelhaft. Es
geht nicht nur um ein kommunikatives Debakel, sondern auch um Wulffs
Glaubwürdigkeit und Integrität.
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Lothar Tolks
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