KOMMENTAR zu FRANKREICH
Ausgabe vom 26.08.2014 Regierungsumbildungen haben in Paris alles
andere als Seltenheitswert. Frankreichs allmächtiges Staatsoberhaupt
kann sie vornehmen, wann immer es ihm opportun erscheint. Umso tiefer
lässt blicken, dass diesmal die Aufstellung einer neuen
Kabinettsmannschaft keineswegs geplant war, sondern durch die
Umstände erzwungen wurde. Gleich zwei seiner wichtigsten Minister
haben sich offen gegen Hollande aufgelehnt. Das konnte und durfte
selbst dieser notorisch entscheidungsschwache Präsident nicht
hinnehmen. Doch wenn heute das umgebaute Kabinett des im Amt
bestätigten Premiers Valls vorgestellt wird, ist das Problem der
Revolte in den eigenen Reihen noch längst nicht geregelt. Hollandes
Einsicht, dass er um Strukturreformen nicht herumkommt, kam sehr
spät. Sein seither ausgelobter – und nach wie vor der Umsetzung
harrender – Sparkurs aber stößt dem linken Flügel der sozialistischen
Regierungspartei trotz der sich ständig verschärfenden Krise bitter
auf. Einschnitte in den Wohlfahrtstaat will er nicht mittragen und
beruft sich auf das blauäugige Versprechen des Präsidenten, allein
die Reichen zur Kasse zu bitten. Minister lassen sich auswechseln,
Abgeordnete nicht – auch deswegen bleibt Hollande ein Getriebener.
Die Zweifel daran, dass der historisch unpopuläre Präsident im
Parlament noch eine Mehrheit für seine Reformprojekte finden wird,
hat die jüngste Regierungskrise verschärft. Denn seit der grüne
Koalitionspartner im April von Bord ging, ist den Linksaußen in der
Regierungspartei die Rolle des Züngleins an der Waage zugefallen.
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