Südwest Presse: Kommentar zu Gewalttäter

Es ist leicht, sich beim Thema gefährliche Gewalttäter
zwischen alle Stühle zu setzen. Das ist Sozialministerin Monika Stolz
bei der Suche nach einer Anstalt für entlassene Sicherungsverwahrte
nun passiert: Sie ist mit der Erfolgsmeldung vorgeprescht, hat den
Protest in Wiesloch unterschätzt – und wurde vom Ministerpräsidenten
zurückgepfiffen. Nun ließe sich mal wieder trefflich über schlechte
Kommunikation spotten. Doch ist das nur eine kleine Anekdote im
Trauerspiel, das die Politik seit Jahren im Umgang mit jenen Menschen
abgibt, denen der Menschenrechtsgerichtshof glasklar beschieden hat:
Ihr müsst freigelassen werden. Die Begrifflichkeiten entgleiten.
Häftlinge sind es nicht, geisteskranke Patienten auch nicht. Es sind
„gestörte Gewalttäter“, die eventuell rückfällig werden könnten.
Viele von ihnen alte Männer, weggesperrt seit 25 bis 30 Jahren. Ihre
Strafe ist verbüßt. Weggesperrt sollen sie bleiben. Nicht im
Gefängnis, nicht in der Psychiatrie, nein: in einer
„Unterbringungsanstalt“. Juristen und Psychiater schütteln den Kopf
angesichts der Verrenkungen, die dem Recht da zugemutet werden. Wenn
dem juristischen Murks nun ein Eiertanz um Standorte für jene
sonderbaren Anstalten folgt, ist das umso schlechter. Mit der Pleite
in Wiesloch hat die Landesregierung künftigen Kandidaten die Vorlage
geliefert: Wer sich kräftig genug wehrt, wird verschont. All das wird
die Hysterie weiter schüren, wo ein kühler Kopf gefragt wäre.

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Südwest Presse
Lothar Tolks
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