Südwest Presse: Kommentar zu Karstadt

Alle hatten sie hoch gepokert, weil es um ganz viel
Geld ging: Karstadt-Käufer Nicolas Berggruen, die Eigentümer der 120
Kaufhäuser, auch der Insolvenzverwalter. Nur dessen stärkste Drohung,
die Rettung platzen und den Konzern in die Unabwägbarkeiten einer
Insolvenz abrutschen zu lassen, beendete das monatelange Gefeilsche.
Dass es zu diesem Sieg der Vernunft kommen würde, war nicht sicher.
Die 25 000 Mitarbeiter fühlten das. Sie sind die Gewinner des Tages,
neben dem smarten Berggruen, der sich tatsächlich als knallharter
Taktiker bewährte. Karstadt ist gerettet – aber nur vorerst. Denn das
Dilemma des Warenhaus-Konzeptes der Zukunft ist noch nicht
überwunden: Es soll Massenmagnet und spezialisierter Konsumtempel in
einem sein. Wie das ohne Volumenverlust gehen soll, ist nicht zu
erkennen. Berggruen verdient einen Vertrauensvorschuss für sein
glaubhaftes Bekenntnis zu Marke und Mitarbeitern. Auch traut man ihm
zu, mehr Glamour in die alten Gemäuer zu bringen. Am Ende zählt aber
auch für ihn nur, dass der Konzern Gewinne macht. Auf dem Weg dahin
werden nicht alle Häuser und auch nicht alle Mitarbeiter mitgenommen
werden können. Das alte Konzept, die Konkurrenten Karstadt und
Kaufhof in einer Welt neuen Konsumverhaltens zusammenzuführen, ist
der Verlierer des Tages. Doch am Horizont bleibt genau dieses Ziel
sichtbar. Gut möglich, dass Berggruen es schon im Auge hat.

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Südwest Presse
Lothar Tolks
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