KOMMENTAR zu MIDDELHOFF
Ausgabe vom 15.11.2014 Thomas Middelhoff galt einst als ein
genialer Manager. Dem Medienkonzern Bertelsmann spülte er im
Geschäftsjahr 2000/2001 mehr Geld in die Kassen als in den Jahren
seit Ende des Zweiten Weltkriegs zusammen. Doch erstaunlicherweise
wurde er dort ein Jahr später vor die Tür gesetzt. Vier Jahre danach
erwarteten ihn Karstadt-Beschäftigte als Retter. Aber stattdessen
steuerte er den in Arcandor umgetauften Handelskonzern in die Pleite.
Zum Verhängnis wurde dem Manager, dass penible Insolvenzverwalter
plötzlich die Frage stellten, ob sich Middelhoff in unzulässiger
Weise an dem angeschlagenen Konzern bereichert hat. Die Antwort des
Essener Landgerichts fällt hart aus: drei Jahre Haft, Fluchtgefahr
und Festnahme im Gerichtssaal. Tiefer kann ein Mann nicht fallen, der
den Prozess erklärtermaßen dazu nutzen wollte, seine verlorene Ehre
wieder herzustellen. Besonders, wenn das Gericht zu Tage fördert, wie
großspurig, dekadent und nicht zwischen Arbeit und Vergnügen
unterscheidend er sich verhielt. Hatte er jedes Maß verloren und fiel
er seinem eigenen Lebensstil als „Workaholic“ zum Opfer? Doch
überdies lautet der schwerste Vorwurf des Gerichts, sich in
Vertuschung und Lügen verstrickt zu haben und nicht ehrlich gewesen
zu sein. Der tiefe Fall Middelhoffs ist ein Beispiel dafür, wie Macht
und Kritikunfähigkeit die Sicht auf die eigene Person verzerren. Ein
Vorbild für seine Mitarbeiter war er schon lange nicht mehr. Aber
Middelhoff blieb im Prozess dabei: „Ich kann mir kein Fehlverhalten
vorwerfen.“ Eine Umkehr gibt es für ihn offenbar nicht. Demnächst
muss sich vermutlich der Bundesgerichtshof mit ihm befassen.
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Südwest Presse
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