Es mag kein Erdbeben sein, wie der israelische
Ex-Botschafter Avi Primor konstatiert – doch eine Erschütterung ist
die Veröffentlichung der Geheim-Dokumente aus den Friedensgesprächen
für die palästinensische Regierung Abbas ganz gewiss. Mit den
lancierten Gesprächsnotizen und Protokollen aus Verhandlungen
vergangener Jahre wird Misstrauen gesät, vor allem unter den
Palästinensern. Redet deren Regierung in Ramallah mit gespaltener
Zunge? Gibt sie hinter verschlossener Tür Positionen preis, die in
öffentlichen Reden als unverhandelbar gelten? Allein der Zweifel an
der ohnehin schwachen Regierung in Ramallah stärkt die radikale
Hamas. Diese hält nicht viel von Friedensgesprächen, die auf
Kompromisse zielen. Weitreichende Zugeständnisse, wie sie in den
Dokumenten umrissen sind, wird es mit ihr nicht geben. Das ist das
Traurigste an den Enthüllungen. Noch nie war die Krisenregion dem
Frieden so nahe wie in den Gesprächen 2008. Die Eckpunkte für eine
politische Lösung lagen auf dem Tisch. Es fehlten Mut und Kraft zur
Umsetzung. Nur die Palästinenser anzuprangern ist unangebracht. Für
Israel verhandelte mit Ehud Olmert ein Ministerpräsident auf Abruf.
Brisante Vereinbarungen konnte er nicht mehr treffen. Dazu fehlte ihm
innenpolitisch die Kraft. Damit wurden die Gespräche zu einer
ungenutzten Chance für lange Zeit. Ein neuer Anlauf ist von der
jetzigen Regierung kaum zu erwarten. Die Enthüllungen sind damit ein
Schlag für die Friedenswilligen auf beiden Seiten. Sie machen eine
vertrackte Situation noch komplizierter. Als ob der Weg zum Frieden
nicht schon mit Hindernissen gepflastert wäre.
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Lothar Tolks
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