Je länger der Machtpoker in Nordrhein-Westfalen
dauerte, desto mehr Unmut machte sich unter den Bürgern des größten
Bundeslandes breit. Da hatten sie am 9. Mai einen neuen Landtag
gewählt und mehrheitlich für einen Politikwechsel gestimmt, aber die
Parteien schienen unfähig oder unwillig, das Wählervotum wirklich
ernst zu nehmen. Erst der öffentliche Druck und das Drängen der
Bundesparteien haben jetzt Bewegung in die festgefahrene Situation
gebracht. Natürlich birgt eine geheime Ministerpräsidentenwahl mit
offenem Ausgang ebenso ein Risiko wie eine Regierung ohne eigene
Mehrheit im Parlament. Vor allem für Hannelore Kraft und die SPD. Die
Genossin aus Düsseldorf will nicht enden wie ihre hessische
Parteifreundin Andrea Ypsilanti oder wie Heide Simonis in Kiel. Aber
längeres Zuwarten wäre ihr als Feigheit ausgelegt worden, schließlich
ist sie im Wahlkampf angetreten, die schwarz-gelbe Koalition unter
Jürgen Rüttgers (CDU) abzulösen. Doch selbst wenn Hannelore Kraft
bald zur neuen Regierungschefin in Düsseldorf gewählt werden sollte –
am sicheren Ufer wäre Rot-Grün damit nicht. Das Land
Nordrhein-Westfalen kann wegen seiner akuten Strukturprobleme
dauerhaft kaum von einer Minderheitskoalition regiert werden. Aber
vielleicht besinnt sich die FDP ja und wendet sich endgültig von
einer Union ab, die immer noch auf einem viel zu hohen Ross sitzt.
Vor allem ihr Vormann Rüttgers.
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Lothar Tolks
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