Wenn es einst darum geht, Bilanz zu ziehen, wie die
höchst wünschenswerte schnelle Schienenverbindung von Stuttgart nach
Ulm via Landesflughafen verwirklicht wurde, dann wird einem das Wort
„Jahrhundertprojekt“ als reine Ironie erscheinen. Viel
dilettantischer hätte das Großvorhaben nicht angegangen werden
können. Es beginnt beim Stuttgarter Oberbürgermeister, instinktlos im
Umgang mit den Gegnern des Tiefbahnhofs, setzt sich fort über den
Landesinnenminister, der bei der Verteidigung des Polizeieinsatzes
eine unbeholfene Figur abgibt und endet nicht mal bei der
Bundeskanzlerin. Erst ruft sie gegen alle Bemühungen der Landes-CDU,
das Thema klein zu halten, die Landtagswahl im März nächsten Jahres
zur Volksabstimmung über Stuttgart 21 aus. Dann mahnt sie zu neuen
Gesprächen, während die Landesregierung im Schlossgarten bereits
heftig den Vollzug vorantreibt. Rührend. Der Neubau in Stuttgart
wurde lange beraten und rechtmäßig beschlossen, er muss nun
verwirklicht werden. Das entbindet die Verantwortlichen nicht ihrer
Pflicht, die Verhältnismäßigkeit der Mittel zu wahren und keineswegs
selbst eine weitere Vergiftung des Klimas zu provozieren. Es gibt in
dieser Republik große Erfahrungen mit Deeskalationsstrategien für
Konflikte, sie sollten auch in Stuttgart bekannt sein. Auf ein paar
Wochen mehr oder weniger Bauzeit kommt es beim „Jahrhundertprojekt“
wirklich nicht an.
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Lothar Tolks
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