Südwest Presse: KOMMENTAR zu STUTTGART 21, Ausgabe vom 24.09.2010

KOMMENTAR zu STUTTGART 21, Ausgabe vom 24.09.2010

Miteinander reden ist sicher besser, als sich nur geharnischt am
Bauzaun gegenüberzustehen. Doch nur Träumer können erwarten, dass
beim Stuttgarter Bahnhofneubau noch ein Kompromiss möglich ist. Dazu
sind die Alternativen zu unvereinbar. Und dazu sind zu viele
irreparable Fehler gemacht worden. Die Befürworter haben zu lange mit
„Augen-zu-und-durch-Mentalität“ die Einwände weggewischt. Sie haben
sich nicht getraut, rechtzeitig eine durchaus geforderte
Bürgerbefragung zuzulassen. Auch die offenbar schwierige Prozedur,
neue Köpfe als Sprecher für den Tiefbahnhof zu gewinnen, zeugt davon,
dass die Begeisterung selbst unter den Befürwortern nicht
überschäumt. Gleichwohl haben die Gegner zu akzeptieren, dass sie die
Unterlegenen eines jahrzehntelangen demokratischen
Entscheidungsprozesses sind. Keines ihrer heutigen Argumente ist so
gravierend, dass sich damit die mit deutscher Gründlichkeit geprüfte
Sachlage ins Gegenteil verkehren ließe. Für den Großteil
Baden-Württembergs ist es zwar herzlich egal, ob die Bahngleise in
Stuttgart unter oder über der Erde liegen. Würde aber ein extrem
exportabhängiges Industrieland noch ein Jahrzehnt länger vom
schnellen europäischen Schienennetz abgehängt, dann käme uns das viel
teurer, als die derzeit notwendigen Milliarden-Investitionen. So viel
Weitsicht darf auch von Freunden des Kopfbahnhofs erwartet werden.

Pressekontakt:
Südwest Presse
Lothar Tolks
Telefon: 0731/156218