Südwest Presse: Kommentar zu Zuwanderung

Die Angst vor einem Wahldebakel treibt in der Union
unsägliche Blüten. CSU-Chef Horst Seehofer darf mit Blick auf den
rechten Wählerrand leugnen, was nicht mehr zu leugnen ist: dass
Deutschland ein Zuwanderungsland geworden ist. Und Kanzlerin Merkel
laviert zwischen einer Absage an „Multikulti“ und einem Ja zum Islam
in Deutschland. Was gilt nun, Frau Kanzlerin? Ist die Union eine
moderne Volkspartei, die sich dem Hier und Jetzt stellt? Oder mutiert
sie zu einer verschreckten Partei, die ihr Heil im Vorgestern sucht?
In der Zuwanderungsdebatte geht der Union der Kurs verloren. Dabei
hat sie beispielsweise mit den Islamkonferenzen bedeutende Wegmarken
gesetzt. Doch statt weiter um Konzepte für ein gutes Miteinander zu
werben, wird zunehmend auf Ab- und Ausgrenzung gesetzt. Ein Weg in
eine gedeihliche Zukunft ist diese billige Realitätsverweigerung
nicht. Deutschland braucht eine Kultur des Respekts: gegenüber jenen,
die neu ins Land kommen, und jenen, die sich längst hier
niedergelassen haben. Das entbindet Zuwanderer nicht, ihrerseits die
Regeln ihres neuen Heimatlandes zu achten und zum eigenen Wohl und
zum Wohl des Landes beizutragen. Vieles ist hier in den vergangenen
Jahren gelungen. Das wird durch die populistische Debatte jetzt
verdeckt. Schlimm genug, dass der Zentralrat der Juden davor warnen
muss, mit falschen Behauptungen auf Stimmenfang zu gehen. Das wäre
Merkels Job gewesen.

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Lothar Tolks
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