Südwest Presse: Kommentar zum Thema Schuldenstaaten

Das war gestern wieder der Beleg dafür, wie schwer
sich die EU tut, zu einer einigermaßen einheitlichen Sprache in
Sachen Schuldenkrise zu kommen. Ohne Not ließ Jose Manuel Barroso,
Chef der EU-Kommission, verlauten, man sollte den europäischen
Rettungschirm für angeschlagene Staaten über die 750 Milliarden Euro
hinaus erweitern. Inhaltlich ist dagegen nichts einzuwenden. Doch die
Wirkung einer solchen Bemerkung zum jetzigen Zeitpunkt konterkariert
die Bemühungen, die Kapitalmärkte zu beruhigen. Erweiterung des
Rettungsschirms – das wird als neues klammheimliches Eingeständnis
dafür interpretiert, dass die Lage schlimmer sein könnte als bislang
bekannt. Davon kann aber keine Rede sein. Jedenfalls weiß auch
Barroso so wenig wie jeder andere, wie sich die Finanzmärkte und
damit die Schuldenproblematik entwickeln wird. Aus der Unsicherheit
nährt sich die Spekulation, die wiederum die Zinsen für die Anleihen
der Schuldenstaaten in die Höhe treiben und die Krise verschärfen.
Die Krise ist groß, keine Frage. Sie zu entschärfen und zu lösen, ist
schwierig. Keiner kennt den allein erfolgversprechenden Weg. Ziemlich
sicher aber wäre die Zuspitzung vermieden worden, hätte die
Staatengemeinschaft früh und zweifelsfrei klargemacht: Wir stützen
jedes Land auf Gedeih und Verderb. Darauf wird es letztlich
hinauslaufen müssen. Dass dennoch auch jetzt noch ständig neue
Meinungen und Vorschläge produziert werden, verdeutlicht das große
Problem der Problemlöser: Es fehlt ihnen die politische Einigkeit
selbst dort, wo die Dinge de facto längst entschieden sind. Der
typisch europäische Eiertanz eben.

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