Südwest Presse: Kommentar zur Atomaufsicht in Ungarn

Ohne staatliche Hilfe würde kein Energieversorger
heute mehr einen Atomreaktor bauen. Der Grund: zu teuer. Die
ungarische Regierung hat sich anders entschieden und lässt zwei neue
Reaktorblöcke bauen. Sie zahlt dem russischen Hersteller knapp zehn
Milliarden Euro dafür. Sie macht sich obendrein abhängig von Moskau.
Russland liefert Brennelemente und übernimmt deren Entsorgung. Doch
dies kann die Orbán-Regierung souverän entscheiden. Auch
Großbritannien, Frankreich und Finnland bauen oder planen neue
Atommeiler, obwohl die Kosten steigen, die später die Stromkunden
begleichen werden. Auf Ärger kann sich Viktor Orbán aber zu Recht
gefasst machen, weil er per Gesetz seine Atomaufsichtsbehörde umgehen
will. Dies verstößt eindeutig gegen eine EU-Richtlinie aus dem Jahr
2014. Sie verlangt Kontrolleure, die unabhängig von Weisungen sind
und über Regeln zur Sicherheit der Nuklearanlagen entscheiden. Da
bleibt der eher atomkraftfreundlichen EU-Kommission nichts anderes
übrig, als den Rechtspopulisten in Budapest zunächst zu erinnern,
dass er sich an die europäische Gesetzgebung halten muss, ob ihm dies
passt oder nicht. Die Richtlinie ist übrigens eine Lehre aus der
Reaktorhavarie im japanischen Fukushima. Dort hat die gute Beziehung
zwischen staatlicher Aufsicht und Betreiberkonzern weder vor noch
nach dem Unglück dazu beigetragen, mit der Katastrophe sachgerecht
und transparent umzugehen. Die notorischen EU-Kritiker irren
übrigens, wenn sie meinen, Reaktorsicherheit gehe Brüssel nichts an.
Radioaktive Strahlung kennt keine Nationalgrenzen. Im Zweifel müssen
die Steuerzahler vieler Nachbarländer die Unfallkosten tragen.

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Südwest Presse
Ulrike Sosalla
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