Südwest Presse: Kommentar zur Atomkraft

Der Streit um die Zukunft der Kernenergie in
Deutschland wird auf vielen Ebenen ausgetragen. Das macht ihn für die
Bundesregierung so kompliziert wie risikoreich. Selbst wenn die
Koalition ihre Differenzen über Laufzeitverlängerung,
Sicherheitsnachrüstung und Zusatzabgabe ausräumt und einen Kompromiss
in allen Einzelfragen erzielt, wird die Kontroverse andauern –
politisch, juristisch und gesellschaftlich. Schon jetzt nämlich ist
klar, dass SPD und Grüne alles daransetzen werden, die Entscheidung
über den Ausstieg aus dem Atomausstieg in den Bundesrat zu verlegen,
in dem Union und FDP keine Mehrheit haben. Notfalls landet die Sache
vor dem Bundesverfassungsgericht. Auch Brüssel wird ein Wort mitreden
wollen, schließlich ist die Energiepolitik ein wichtiges
Betätigungsfeld der EU – nicht zuletzt für den zuständigen Kommissar
Günther Oettinger. Zudem formieren sich auch die Bataillone der
Atomlobby und der Atomkraftgegner zu einer außerparlamentarischen
Front, die der Regierung einen heißen Herbst bescheren kann. Gerade
hier stehen die Zeichen nicht etwa auf Konsens, sondern auf
unversöhnlicher Konfrontation. Da gerät jede Kompromissformel der
Koalition schnell zum Zündstoff für eine Auseinandersetzung, die nach
langer Zeit wieder auf der Straße und vor den Toren der deutschen
Kernkraftwerke ausgetragen werden könnte. Keine rosigen Aussichten
also für Schwarz-Gelb.

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Südwest Presse
Lothar Tolks
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