Südwest Presse: Kommentar zur Bahn

Die Bahn hat zwei Probleme: Sommer und Winter.
Wahlweise funktioniert die Heizung oder die Klimaanlage nicht – falls
nicht gerade bei voller Fahrt eine Tür aus dem Wagen fliegt oder ein
Radreifen gebrochen und deshalb der komplette Zug entgleist ist. Der
Ausfall der Kühlanlage in gleich mehreren ICE-Zügen zeigt: Wer nur zu
spät ans Ziel kommt, hat Glück gehabt, denn er kann froh sein, die
Reise zumindest ohne gesundheitliche Beeinträchtigungen überstanden
zu haben. Dass die Pannen angesichts der Gesamtzahl reibungslos
abgewickelter Fahrten Extreme darstellen dürften, darf nicht darüber
hinwegtäuschen, dass aus dem über Jahrzehnte zuverlässigen
Transportmittel Bahn längst ein Wackelkandidat geworden ist, dem man
leider bescheinigen muss: Reisen ist wieder zum Abenteuer geworden.
Alle Versuche der Bahn, nun die Kritik an ihrem schlechten
Krisenmanagement abzuwiegeln, verstärken daher nur die Diskrepanz
zwischen ihrem betont internationalen und schnittigen Image und der
realen Transportleistung – und sei es nur innerhalb der
Landesgrenzen. Sitzen im Notfall die Passagiere hilflos und ohne
Lüftung im überhitzten Zug fest, hilft ihnen auch keine zweisprachige
Durchsage in holprigem Englisch mehr. Das Bahn-Management wäre gut
beraten, nicht – wie erst vor kurzem – laut über den Abbau von
Fahrkartenautomaten nachzudenken, sondern sicherzustellen, dass
Reisende sicher von A nach B kommen. Gelingt das nicht, verprellt das
Unternehmen auch noch die letzten Kunden. Schwitzen lässt es sich
auch im Stau auf der Straße – und im Auto lassen sich zumindest die
Fenster öffnen.

Pressekontakt:
Südwest Presse
Lothar Tolks
Telefon: 0731/156218