Südwest Presse: Kommentar zur Euro-Krise

Es kommt auf die Feinheiten an, will man Angela
Merkels Kampf gegen die Vergemeinschaftung der Schulden in der EU
durch Euro-Bonds bewerten. Gestern horchte das Umfeld der Kanzlerin
in Berlin schon auf, als sie bei der stereotypen Wiederholung ihrer –
begründeten – Vorbehalte gegen die Gemeinschaftsanleihen das Wörtchen
„Jetzt“ betonte. „Jetzt“, das lässt eine Neubewertung in der Zukunft
zu. Denn den Plan zur Rettung des Euro und der EU hat die Kanzlerin
offenbar mit Sarkozy schon abgesteckt: Beim Brüsseler Krisengipfel in
einer Woche wird ein Fahrplan zur Schaffung einer Fiskalunion
aufgestellt. Mit abgestimmter Steuer- und Finanzpolitik, mit
verbindlichem Sanktionsmechanismus für Defizitsünder. Das ist ein
politisches Signal. Euro-Bonds gibt es nicht, ehe die Verträge
geschlossen sind. Die Europäische Zentralbank wird jedoch weiter
Anleihen der schwachbrüstigen Schuldner am Mittelmeer aufkaufen und
so die Gemeinschaftswährung stabilisieren. Selbstverständlich tut die
EZB das in der vollen Unabhängigkeit, die ihr zugesichert ist. . .
Schließlich, so sieht es Merkels Eiertanz zwischen ihrer
widerstrebenden Koalition in Berlin und den real existierenden
Zwängen in Brüssel vor, wird auf der Basis der vertraglich fixierten
Fiskalunion über Euro-Bonds neu nachgedacht. Soweit der Plan. Klingt
nicht übel, doch der Weg ist lang und mit Unwägbarkeiten gepflastert.
Ein besserer ist freilich nicht in Sicht.

Pressekontakt:
Südwest Presse
Lothar Tolks
Telefon: 0731/156218

Weitere Informationen unter:
http://