Südwest Presse: Kommentar zur Kirche

Das hatten sich die katholischen Bischöfe vermutlich
anders gedacht: Nach 2010, dem Jahr der größten Kirchenkrise der
jüngeren Geschichte, sollte 2011 zum Jahr des Aufbruchs werden. Die
Kirchenoberen luden ein zu einem von ihnen gesteuerten Dialog und
hofften auf Impulse durch den Papstbesuch in Deutschland im Herbst.
Nun kommt es anders. Nach konservativen CDU-Politikern meldet sich
jetzt eine große Theologen-Schar aus dem deutschsprachigen Raum zu
Wort. Es sind Konservative und Liberale, Ruheständler und junge
Wissenschaftler. Sie teilen die Überzeugung, dass ein Aufbruch in der
katholischen Kirche ohne tiefgreifende Reformen nicht möglich ist.
Vor allem die Situation in vielen Kirchengemeinden macht besorgt. Die
Pfarreien sind zu groß, die wenigen Priester überlastet. Seelsorge
ist kaum mehr möglich. Deshalb ist der Ruf nach einer Abschaffung des
Pflichtzölibats so laut. Entschieden wird die Frage in Rom. Doch die
deutschen Bischöfe haben den Auftrag, die Lage in den Gemeinden klar
zu formulieren; zumal, wenn sie Papst Benedikt XVI. in Deutschland
gegenüberstehen. Das sind die Bischöfe Gemeinden und Pfarrern
schuldig. Die öffentlich formulierte Bereitschaft der Kirchenspitze,
aus der Krise zu lernen, wird an diesem Punkt gemessen. Die
Katholiken in Deutschland warten auf konkrete Schritte. Worte und
schöne Fernsehbilder überzeugen das Kirchenvolk nicht mehr.

Pressekontakt:
Südwest Presse
Lothar Tolks
Telefon: 0731/156218