Südwest Presse: Kommentar zur Rede des Bundespräsidenten

Christian Wulff hat in seiner knapp 100 Tage währenden
Präsidentschaft gelegentlich für Verwunderung gesorgt. Zunächst trat
er als Urlauber in der Villa eines befreundeten Unternehmers auf –
zwar selbst bezahlt und nicht verboten. Doch ob des hohen Amtes
hinterließen die Ferien auf Mallorca einen faden Beigeschmack, der
sich in den folgenden Wochen nicht verflüchtigte. Unglückliche
Stellungnahmen zur Duisburger Love-Parade-Tragödie und vorlaute
Bemerkungen in der Sarrazin-Affäre nährten Zweifel, ob Wulff
tatsächlich eine gute Wahl war, das Amt aus der Krise zu holen, in
das es nach dem Rücktritt von Horst Köhler geraten war. Seine
Ansprache zum Tag der deutschen Einheit wurde deshalb überfrachtet
mit Erwartungen und Ansprüchen. Dennoch und allen Skeptikern zum
Trotz schlug sich Wulff mit seiner ersten großen programmatischen
Rede achtbar. Sie war nicht brillant, aber klar im Ton. Wulff
schaffte es, beim brisanten Thema Integration versöhnlich und
optimistisch zu argumentieren. Er plädierte für ein offenes
Deutschland, das zugleich auf die Einhaltung von Regeln und Pflichten
beharrt. Damit wahrte er den bislang vermissten Ausgleich in einer
polarisierenden Debatte. Wulff bewies, dass er die Balance halten
kann, die ihm seine Aufgabe gebietet. Nur so wird er erfolgreich in
das anspruchsvolle Amt hineinwachsen, Staatsoberhaupt eines geeinten
Deutschlands zu sein.

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Lothar Tolks
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