Südwest Presse: Kommentar zur (U-Bahn)-Schlägern

Das Urteil gegen den als Berliner U-Bahn-Schläger
bekanntgewordenen Schüler ist deutlich. Er muss sitzen – und doch
wird vielen die Entscheidung zu milde sein. Angesichts der
Brutalität, die sich in steter Regelmäßigkeit in U- und S-Bahnhöfen
entlädt, ist es verständlich, dass abschreckende Strafen gefordert
werden, und doch ist dieser notorische Ruf nach Härte ein
gefährlicher Weg. Er verwischt den nach wie vor bestehenden
Unterschied zwischen tatsächlicher und gefühlter Kriminalität.
Deutschland ist immer noch ein sicheres Land. Dass viele das anders
sehen, hat nicht zuletzt mit jenen wüsten Videoszenen aus dem
Untergrund deutscher Städte zu tun, die heute – anders als einst –
immer öfter über die TV-Schirme flimmern. Die Empörung über wahllos
auf Zufallsopfer einprügelnde Täter verhindert den nüchternen Blick
auf den bewährten und auch in Zukunft wichtigen differenzierten
Umgang mit Auslösern und Folgen jugendlicher Gewalt. Der Wunsch nach
Härte setzt eine Spirale in Gang, die sich nur schwer kontrollieren
lässt. Gewaltexzesse sind meist nicht kalkuliert, sie unterbleiben
nicht, weil in einem anderen Fall ein strenges Urteil erging. So
werden erneut höhere Strafen gefordert werden – ohne Erfolg und
deshalb ohne Ende. Helfen könnte nur eine höhere Präsenz der Polizei,
die im Notfall eingreifen kann. Doch das kostet mehr als eine Kamera
am Bahnsteig oder eine populistische Forderung.

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Südwest Presse
Lothar Tolks
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