Südwest Presse: Kommentar zur Wehrpflicht

Aus is. Der Ruf, mit dem Generationen deutscher
Reservisten ihr Ausscheiden aus dem aktiven Dienst bejubelten, gilt
bald für die Wehrpflicht als solche: Gestern verkündeten
Bundeskanzlerin Angela Merkel und Verteidigungsminister Karl-Theodor
zu Guttenberg deren Ende zum 1. Juli 2011 und setzten damit den
Schlusspunkt unter ein ebenso bewährtes wie überholtes Kapitel
deutscher Politik. Obwohl im Grundgesetz weiterhin der
Verteidigungsauftrag festgeschrieben ist, hat sich 20 Jahre nach dem
Ende der Ost-West-Konfrontation ein sicherheitspolitisches
Verständnis etabliert, das sein Augenmerk auf Terror, instabile
Staaten, Energieversorgung und freie Handelswege richtet. Ein Land,
das dieser Probleme im Wege militärischer Expeditionen Herr werden
will, braucht gut ausgebildete Spezialisten statt kurz dienender
Alibi-Soldaten, die nur noch einberufen werden, um den Schein der
Wehrgerechtigkeit aufrechtzuerhalten. Die Entscheidung, die
Bundeswehr in eine Freiwilligenarmee umzuwandeln, ist deshalb
konsequent. Mag Guttenberg mit einem Auge auch auf die Kosten
schielen – der Vorwurf, er mache Verteidigungspolitik allein nach
Kassenlage, ist angesichts der inhaltlichen Neuausrichtung der Truppe
nicht zu halten. Bis zuletzt hatten die C-Parteien als letzte
Verteidiger der Wehrpflicht versucht, eisern an diesem Modell
festzuhalten. Sie überzeugt zu haben, ist vielleicht Guttenbergs
größte Leistung.

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Südwest Presse
Lothar Tolks
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