Südwest Presse: Kommentar: Zuwanderung

Abgehobene EU

Hätte es eines Beweises bedurft, wie weit die EU-Kommission von
den Befindlichkeiten „normaler“ Menschen entfernt ist, er wäre nun
erbracht. Mitten in die Zuwanderungsdebatte platzieren die Brüsseler
Experten ihre Forderung nach mehr Einzelfallprüfungen und damit einem
großzügigeren Zugang nicht erwerbstätiger EU-Ausländer zu
Hartz-IV-Hilfen in den EU-Mitgliedstaaten. Abgehobener geht es
nimmer. In ihrer Stellungnahme für den Europäischen Gerichtshof
weisen die EU-Fachleute über bisher gängige EU-Politik hinaus.
Nämlich, dass es keinen Anreiz für „Sozialtourismus“ geben soll und
das EU-Aufnahmeland in den ersten drei Monaten nicht verpflichtet
ist, zugezogenen EU-Bürgern Sozialhilfe zu gewähren. Auf diesem
Konsens basiert die bisher weitgehend differenziert geführte Debatte
über Zuwanderung und Arbeitnehmerfreizügigkeit. Hätten die
EU-Verantwortlichen nur auf bestehende Grundsätze verwiesen und
ansonsten die Verantwortung der Nationalstaaten für die Sozialpolitik
betont, sie hätten Europa einen Dienst erwiesen. So aber haben sie
überzogen. Mit ihrem Vorstoß strapazieren sie die Solidarität
innerhalb der Union auf gefährliche Weise. Eine EU-Kommission, die
sich zu weit von der Lebenswirklichkeit der Bürger entfernt, wird
Unterstützung verlieren. Die Quittung dafür könnten die
Wahlberechtigten der Brüsseler Zentrale schon in wenigen Monaten
geben. Zum Schaden für alle.

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