Adrenalin-Kick
Auf den ersten Blick sind es lediglich nüchterne Zahlenkolonnen.
4:0 und 3:0. 4:1 und 0:2. Für Fußball-Fans jedoch bedeuten die
Resultate, mit denen der FC Bayern München gegen den bislang
unangefochtenen Branchenführer FC Barcelona und Borussia Dortmund
gegen das genauso renommierte Team von Real Madrid in das
Champions-League-Finale einzogen, den reinsten Adrenalin-Kick. Man
braucht kein Prophet zu sein, um vorherzusagen, dass in den nächsten
dreieinhalb Wochen eine riesige Euphoriewelle entsteht, der auch die
weniger am Sport Interessierten kaum entkommen werden. Und das alles
nur, weil elf Münchner und elf Dortmunder derzeit so attraktiv und
erfolgreich einem Ball hinterherrennen wie seit Jahrzehnten keine
deutsche Mannschaft mehr. Spanien war in den vergangenen Jahren das
Nonplusultra des Weltfußballs. Während Deutschland seit 1996 auf
einen WM- oder EM-Titel wartet, haben die wirtschaftlich derzeit so
gebeutelten Südeuropäer die letzten drei Titel (EM 2012, WM 2010, EM
2008) gewonnen. Noch wichtiger als das Nationalteam ist in Spanien
traditionell der Vereinsfußball. Mit 33 Titeln seit der Einführung
des Europapokals im Jahr 1956 liegt Spanien vor England (30) und
Italien (29). Erst auf Rang vier dieser Vereins-Liste folgt
Deutschland mit 16 europäischen Siegerteams. Die letzten Titel holten
sich Dortmund 1997 und der FC Bayern 2001. Das erste deutsch-deutsche
Finale der Champions-League-Geschichte ist mehr als nur eine
Momentaufnahme. Vieles deutet auf einen Wechsel in der europäischen
Fußball-Hierarchie hin. Die Bundesliga hat in den vergangenen zehn
Jahren stark in die Nachwuchsförderung investiert. Nicht zuletzt auch
aufgrund des schlechten Abschneidens der Nationalelf bei den
Europameisterschaften 2000 und 2004. Jetzt beginnen sich diese
Fördermaßnahmen auszuzahlen. Zudem haben sich Borussia Dortmund, der
Meister der vergangenen beiden Jahre, und sein Nachfolger FC Bayern
gegenseitig zu Spitzenleistungen gepuscht. Der BVB setzte sich mit
Dynamik, Powerfußball und der Begeisterung seiner jungen Spieler
nicht nur in der heiklen Gruppenphase gegen die jeweiligen
Landesmeister Ajax Amsterdam, Manchester City und Real Madrid durch,
sondern blieb bis zum Halbfinal-Rückspiel in Madrid ungeschlagen. Die
Bayern, die im vergangenen Jahr das „Finale dahoam“ gegen den FC
Chelsea unglücklich im Elfmeterschießen verloren und nun zum dritten
Mal in den letzten vier Spielzeiten im Endspiel stehen, haben den
Barcelona-Code geknackt. In den Halbfinals kamen die Katalanen nicht
dazu, ihr gewohntes Kombinationsspiel aufzuziehen – weil die Münchner
ihrem Gegner dank überlegener Athletik und Schnelligkeit keinen
Freiraum ließen. In diesem Zusammenhang ist die Personalie Pep
Guardiola interessant. Als die Bayern im Januar den Trainer-Guru, der
den FC Barcelona zum damals noch besten Vereinsteam geformt hatte,
als vielversprechenden Nachfolger für Jupp Heynckes verpflichteten,
waren die neuen Machtverhältnisse noch nicht so deutlich abzusehen.
Guardiola kann es sich nicht leisten, seine bisherige Stilart eins zu
eins auf die Bayern zu übertragen. Er muss den nächsten
Entwicklungsschritt gehen: Eine Symbiose aus Barças Tiki-Taka-Spiel
und Bayerns Tempofußball. Auch für Joachim Löw ist der Druck
gewachsen. Er hat in den vergangenen Jahren stets vom Vorbild Spanien
gesprochen, dem es nachzueifern gilt. Nun haben Heynckes und sein
Dortmunder Kollege Jürgen Klopp die Latte für den Bundestrainer noch
höher gelegt. Mehr denn je wird von ihm im bei der Weltmeisterschaft
2014 in Brasilien der WM-Titel erwartet.
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