Südwest Presse: LEITARTIKEL · OBAMA

Vor hohen Hürden

Amerikas Wähler haben gesprochen und ihrem Präsidenten Barack
Obama ein klares Vertrauensvotum ausgesprochen. Trotz hoher
Arbeitslosigkeit, steigender Staatsschulden und einer ganzen Palette
ungelöster Probleme an der außenpolitischen Front wagten sie den
Blick nach vorn. Sie wollen den Kurs der vergangenen vier Jahre
fortsetzen. Die Frage lautet nun, ob es Obama gelingen kann, eine
tief gespaltene Nation, die sich durch wachsende politische
Polarisierung auszeichnet, zu einen. Dazu braucht er die Hilfe der
republikanischen Opposition, die zunächst ihre Wunden lecken muss.
Überraschungsszenarien, die meisten davon höchst unangenehm, hat es
jede Menge gegeben. So war es durchaus denkbar, dass der
republikanische Herausforderer Mitt Romney eine Mehrheit der
Direktstimmen erobert, aber an alles entscheidenden Wahlmännern
gemessen unterliegt. Dies hätte den immer widerstrebenden
Republikanern als Vorwand und Legitimation gedient, um nun erst recht
zu mauern und Obama weitere vier Jahre das Leben schwer zu machen.
Auch hätte sich das Duell im Falle eines knappen Ausgangs durch
Nachzählungen über mehrere Tage, womöglich sogar Wochen oder Monate
in die Länge ziehen können. Dass die Entscheidung hingegen relativ
rasch fiel, liegt im Interesse aller. Obama kann sich nun unbeirrt
dem Tagesgeschäft zuwenden und die Kooperation der Oppositionspartei
suchen. Denn die Nation steht vor hohen Hürden. An erster Stelle
steht der dringend notwendige Kompromiss zum Schuldenabbau. Ohnedies
droht der weltgrößten Volkswirtschaft am Jahresende jene notorische
„fiskalische Klippe“, die seit Monaten in aller Munde ist. Gelingt es
Demokraten und Republikanern nicht, einen Kompromiss zu schließen, um
massive staatliche Ausgabenkürzungen und schmerzhafte
Steuererhöhungen zu verhindern, dann könnte Amerika in die nächste
Rezession stürzen. Diese würde auch Europa und die übrigen
Handelspartner weltweit in Mitleidenschaft ziehen. Ob die
Republikaner aber jetzt kooperieren, das ist höchst fraglich. Denn
die Wähler haben nicht nur Obama im Amt bestätigt, sie haben den
politischen Status quo festgeschrieben. Ebenso gespalten wie die
Nation bleibt also der Kongress. Im Senat haben weiter Obamas
Parteifreunde das Sagen, und im Repräsentantenhaus behalten
Republikaner die Oberhand, die dem Präsidenten alles andere als wohl
gesonnen sind. Dem dringend notwendigen Haushaltsgesetz wollen sie
nur dann zustimmen, wenn das Weiße Haus auf die geforderten
Steuererhöhungen für Wohlhabende verzichtet. Dagegen hat sich der
alte und neue Präsident bisher hartnäckig gesträubt. Zwar mögen die
Fronten hoffnungslos festgefahren erscheinen. Doch die politische
Dynamik ist eine neue, denn eines ist sicher: Der Name Barack Obama
wird nie wieder auf einem Wahlzettel stehen. Ein weiteres Mal kann er
sich nicht den Wählern stellen und braucht folglich keine Rücksicht
zu nehmen auf jene Interessengruppen, die ihn erneut ins höchste Amt
im Lande hievten. So gesehen liegt es nicht nur an der Opposition, im
Interesse der Nation Kompromissbereitschaft zu zeigen. Auch Obama
kann flexibel sein. Ob er, wie es die Republikaner fordern, den
Rüstungsetat aufstockt oder sich ihren konservativen Positionen in
sozialen Fragen wie Abtreibung und Gleichberechtigung nähert oder
außenpolitisch Konzessionen macht und womöglich sogar Militärschläge
gegen Irans Nuklearanlagen erwägt: An Wiederwahl braucht Obama nicht
mehr zu denken. Sondern an politische Kompromisse, die Amerika
weiterbringen. Daran sollte auch den Republikanern gelegen sein.

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Lothar Tolks
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