Südwest Presse: LEITARTIKEL · SCHLUPFLÖCHER

Dubiose Methoden

Von Dieter Keller Beim Stichwort Panama dürfte den meisten
Menschen nur der Kanal einfallen, der den Atlantik mit dem Pazifik
verbindet. Oder das Kinderbuch von Janosch. Und doch nennen
erstaunlich viele auch eine Firma in dem mittelamerikanischen Land
ihr Eigen. Allerdings besitzt diese meist vor Ort nicht mehr als
einen Briefkasten. Das ist völlig legal, solange die Einnahmen und
Erträge in der Heimat korrekt beim Finanzamt angegeben werden. Das
allerdings geschieht in vielen Fällen nicht. Panama hat offenbar ein
gutes Stück weit die Schweiz als Steuerparadies abgelöst, wie jetzt
die „Panama Papers“ enthüllen. Wobei erstaunlicherweise keine Namen
deutscher Inhaber von Briefkastenfirmen genannt werden. Zumindest
bisher nicht. Wer sich mit dem Thema Steuerschlupflöcher beschäftigt,
stößt auf ein kaum durchschaubares Geflecht aus legalen, dubiosen und
illegalen Machenschaften. Steuersparen ist legal, solange es auf dem
Boden bestehender Gesetze geschieht. Ob es immer auch legitim ist,
steht auf einem ganz anderen Blatt. Die meisten Bürger haben gar
nicht erst die Chance, Schlupflöcher auszunutzen. Dazu fehlen ihnen
schlicht die Einnahmen. Dass es Lücken gibt, ist der Fehler von
Politikern und Bürokraten, die unzureichende Gesetze machen,
beziehungsweise solche, die mit der internationalen Entwicklung nicht
Schritt halten. Der Einfallsreichtum beim Steuersparen kennt keine
Grenzen. Da es um viel Geld geht, sind ganze Horden von Beratern
ständig auf der Suche nach neuen Schleichwegen. Die Grenzen zwischen
zulässigen und illegalen Wegen sind fließend, Moral spielt dabei
meist keine Rolle. Auch jetzt heißt es wieder, dass fast alle
größeren Banken am Panama-Geschäft beteiligt sind. Sie haben aus den
zahlreichen Skandalen der Vergangenheit – und den hohen
Strafzahlungen – nichts gelernt. Die Gier ist bei Anlegern wie bei
Beratern mächtiger – und das Gefühl, mit den Wölfen heulen zu müssen,
weil sonst andere das Geschäft machen. Wer Steuerhinterziehung
verhindern will, ob im In- oder Ausland, der muss als erstes die
Schlupflöcher stopfen. Es gibt Wege dafür, auch wenn das langwierig
und mühsam ist. Da sind erst einmal einfache Gesetze gefragt, auf
deren Grundlage findige Experten keine legalen Hintertürchen mehr
finden können. Das wichtigste Mittel aber ist internationale
Zusammenarbeit. Das ist schon auf EU-Ebene schwierig, wie die
Luxleaks-Affäre zeigte, bei der große Konzerne mit Ländern wie
Luxemburg Niedrigststeuersätze aushandeln konnten. Wozu immer zwei
gehören, nämlich auch ein Staat, der mitmacht, obwohl es letztlich
Betrug an den Bürgern der übrigen Länder ist, denen Steuer-Millionen
vorenthalten werden. Zumindest dieser Sumpf soll ausgetrocknet
werden. Das braucht viel Zeit, und die Praxis muss erst noch
beweisen, dass Konzerne tatsächlich in den Ländern angemessene
Steuern zahlen, in denen sie ihr Geschäft und ihre Gewinne machen.
Auch darüber hinaus gibt es verstärkte Zusammenarbeit und
Datenaustausch wie mit der Schweiz. Geholfen hat letztlich nur
massiver internationaler Druck, insbesondere aus den USA. Eines
sollten die „Panama Papers“ wieder einmal klarmachen:
Steuerhinterzieher stehen als Kriminelle in einer Linie mit Mafiosi,
Drogendealern oder Terroristen. Es gibt auch erstaunliche
Verbindungen untereinander. So nutzen sie die gleichen Wege für ihr
illegales Geld. Deswegen müssen sie genauso konsequent verfolgt und
bestraft werden – egal ob Politiker, Unternehmer oder Sportler. Ohne
internationale Zusammenarbeit kein Fortschrit

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