Südwest Presse Ulm, KOMMENTAR zu GROSSBRITANNIEN
Ausgabe vom 04.11.2014
Großbritanniens Premier David Cameron ist ein Getriebener. Die
europafeindliche Ukip-Partei und Kritiker in den eigenen Reihen
machen ihm das Leben schwer. Mit immer neuen Finten gegen Brüssel
treiben sie den Premier vor sich her. Denn die Gegner Brüssels wissen
nur zu gut: mit pro-europäischen Tönen lassen sich auf der Insel
weder Blumentöpfe noch Wahlen gewinnen. Dazu ist die Liebe zum
politischen Bündnis schon zu lange erkaltet. In Großbritannien trägt
man den europäischen Gedanken offiziell noch mit, doch mit immer
größeren Einschränkungen. Die jüngst geforderten Nachzahlungen an
Brüssel? Nie und nimmer. Ausnahmeregelungen, sogenannte
Opting-out-Vereinbarungen, pflastern seit je her Großbritanniens
europäischen Weg. Jetzt jedoch sollte alles noch einmal überboten
werden. Mit seinem Vorstoß, den Zuzug gering qualifizierter EU-Bürger
zu beschränken, sägte Cameron an den Grundfesten der EU. Nach London
sollte danach nur noch kommen dürfen, wer den Briten nützt.
Internationale Verträge hin, europäische Freizügigkeit her. Die im
Frühjahr anstehende Unterhauswahl, bei der ein Sieg Camerons nicht
mehr sicher ist, definiert Prioritäten neu. Europa wird zum Spielball
britischer Politik. Es ist notwendig, dass mit Deutschland ein großes
EU-Land London in Schranken weist. Natürlich wäre ein Austritt
Großbritanniens aus der EU ein Fanal. Andere Länder könnten folgen.
Doch vielleicht muss sich eine Union, die wachsen will, auch einmal
mit geregelten Ausstiegsszenarien befassen. Schon 2017, wenn in
Großbritannien die Bürger über den Verbleib in der EU befinden,
könnten Vorgaben nötig sein.
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