taz-Kommentar zum Terroranschlag in Tel Aviv

taz-Kommentar von Susanne Knaul zum jüngsten
Terroranschlag in Tel Aviv

Herausforderung für Liebermann

Vier Todesopfer eines Terroranschlags im Zentrum von Tel Aviv
wären für den Oppositionspolitiker Avigdor Lieberman ein gefundenes
Fressen gewesen, um gegen die Regierung mobil zu machen. Dafür, dass
es ihr nicht gelingt, Israels Bürgerinnen und Bürger Ruhe und
Sicherheit zu verschaffen. Kaum zwei Wochen im Amt, muss sich der
neue Verteidigungsminister nun selbst auf die schwierige Suche nach
einem Ausweg aus der Gewalt begeben. Er wird schon stiller. Was man
dort hinten sieht, kann man von hieraus nicht sehen, heißt es in
einem bekannten israelischen Schlager. Lieberman in die Regierung zu
berufen, mag sich als rechter Schritt zu seiner Zähmung erweisen.

Selten zuvor gab sich der streitbare Politiker versöhnlicher als
in den vergangenen zwei Wochen. Von einer regionalen Friedenslösung
ist plötzlich die Rede und von williger Kooperationsbereitschaft mit
den moderaten arabischen Nachbarn. Es wäre nicht das erste Mal, dass
Israel unter rechtsnationaler Führung Frieden schließt.

Israels Geheimdienste sind machtlos angesichts der von der Hand
„einsamer Wölfe“ verübten Anschläge. Das eng geflochtene Spionagenetz
kann wenig ausrichten, solange die Täter auf eigene Faust agieren.
Härtere Strafen und eine Verschärfung der Lebensumstände würde nur
die Frustration derer verschlimmern, die keinen anderen Sinn im Leben
sehen, als sich selbst für ihr Volk zu opfern.

Dass die Gewaltwelle jüngst abflaute, schreiben Militärexperten
der Entscheidung der Armee gegen Kollektivstrafen zu. Und dass die
Armee die Zusammenarbeit mit dem palästinensischen Sicherheitsapparat
intensivierte. Die militärische Führung setzt eher auf das Zuckerbrot
einer Erleichterung der Lebensumstände für die Palästinenser als auf
die Peitsche Abriegelung und Einreiseverbot.

Für Verteidigungsminister Lieberman ist der israelische
Sicherheitsapparat noch Neuland. Er tut gut daran, sich beraten zu
lassen

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