Thüringische Landeszeitung: Ausspähen – das geht – Merkel muss in NSA-Affäre endlich aufklären / Leitartikel von Christian Voigt zur BND-Affäre

Man kann die Fragen im Zuge der Spionage-Affäre
mittlerweile gebetsmühlenartig herunterpredigen: Wer wusste zu
welchem Zeitpunkt und in welchem Maße von den Machenschaften des
Bundesnachrichtendienstes, der dem amerikanischen Nachrichtendienst
NSA bei dessen Ausspähaktionen europäischer Politiker, Regierungen
und Unternehmen unter die Arme gegriffen haben soll? Kanzlerin Angela
Merkel muss zwingend aus ihrer Deckung hervortreten – und endlich
aufklären. Ausspähen unter Freunden, das gehe gar nicht, sagte sie
weiland. Das Ausmaß der Affäre, in der offensichtlich der gesamte
Kontinent unter die Lupe der NSA geraten sein soll, ist beträchtlich.
Ausspähen unter Freunden, das geht sehr wohl!

Was derweil nicht geht, ist die Zurückhaltung der Kanzlerin.
Aufklärung in dem Fall – natürlich wolle man das. Zugleich aber solle
die Liste mit den Suchmerkmalen der NSA zu Telefonnummern oder
IP-Adressen nicht sofort herausgerückt werden. Die Opposition scharrt
mit den Hufen und droht zeitnah mit Klagen.

Es gehört zum politischen Geschäft, dass zudem die ersten
Rücktrittsforderungen an den Tag treten. Innenminister Thomas de
Maizière etwa, damals Kanzleramtsminister, ist ein solches Ziel. Das
Kanzleramt soll frühzeitig von den Grenzüberschreitungen der NSA
gewusst haben. Gehandelt wurde nicht, vielleicht aus Blauäugigkeit,
vielleicht aus Rücksicht auf die USA. Für Rücktritte ist es aber
freilich zu früh, nichts ist bewiesen, nichts ist aufgeklärt.

Die Zusammenarbeit zwischen den Geheimdiensten indes ist in Zeiten
des internationalen Terrorismus– zweifellos wichtig. Weit wichtiger
aber ist es, dass Deutschland als souveräner Staat auftritt und auch
dementsprechend handelt. Merkel und Co. müssen den USA
unmissverständlich klar machen: Ausspähen unter Freunden, das geht
gar nicht!

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