Thüringische Landeszeitung: Beleidigter Potentat – Erdogan und die Grenzen der Witzigkeit / Leitartikel von Axel Zacharias zur Reaktion des türkischen Präsidenten Erdogan auf die deutsche TV-Satiresendung „extra 3“

Auf der Rangliste der Pressefreiheit von „Reporter
ohne Grenzen“ liegt die Türkei auf Platz 149 von 180 Staaten. Das ist
bezeichnend und sagt eigentlich schon alles. „Sultan“ Erdogan bewegt
sich immer weiter hin zur Diktatur, zumindest hat er bereits ein
autokratisches Regime installiert, dass bürgerliche Freiheiten mit
den Füßen tritt. Journalisten und Autoren bekommen dies in der Türkei
ebenso zu spüren wie kritische Künstler oder demonstrierende
Demokraten. Der Repressionsapparat Erdogans läuft sofort auf
Hochtouren.

Nun kommt aber hinzu, dass durch den Flüchtlingspakt der
Europäischen Union mit Ankara der Türkei eine Schlüsselrolle zukommt.
Diese Rolle mit dem damit verbundenen Erpressungspotenzial füllt
Erdogan inzwischen regelrecht genüsslich aus. Er ist damit zu einem
mächtigen Mann auf der europäischen Bühne geworden. Und nicht von
ungefähr kommt es, dass ausgerechnet eine Satire aus Deutschland zum
Corpus Delicti in den Beziehungen zwischen Berlin und Ankara wird.
Denn Deutschland in Person seiner Kanzlerin Angela Merkel war die
treibende Kraft hinter dem Flüchtlingspakt, hat sich damit also jetzt
auch angreifbar gemacht. Das dröhnende Schweigen von
regierungsoffizieller Seite aus Berlin zu dem diplomatischen Eklat,
der auf die „extra 3“-Satire folgte, spricht seine eigene
Sprache.

Das Muskelspiel der beleidigten Erdogan-Regierung aber ist im
Grunde lächerlich. Ankaras Chancen in den EU-Aufnahmegesprächen
werden auf diese Weise drastisch gemindert. Aus einer Satire im
deutschen Fernsehen ist durch ein humorloses Regime im Land am
Bosporus tatsächlich eine veritable Realsatire geworden.

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