Thüringische Landeszeitung: Blasses Profil – Merkel-Bonus wird es nicht ewig geben / Leitartikel von Matthias Benkenstein zum CDU-Parteitag

Das Schmunzeln konnte man sich gestern nicht
verkneifen bei dieser Überschrift im Internet: „Großer Applaus für
die Rede von Dr. Angela Merkel beim XXVII. Parteitag der Christlich
Demokratischen Union Deutschlands“, heißt es dort in Anlehnung an den
Propagandasprech zu DDR-Zeiten. Zum achten Mal in Folge ist Merkel
zur CDU-Chefin gewählt worden – mit fast hundert Prozent. Sie sitzt
bei ihrer Partei so fest im Sattel, dass man sofort an eines ihrer
Lieblingswörter denken muss: „alternativlos“.

Das kann der Partei auch zum Verhängnis werden. Denn früher oder
später muss sie sich fragen, wie viel Kontur und Inhalt sie ohne
Merkel besitzt und was nach dem Merkel-Erfolg kommt. Wenn man heute
danach fragt, wofür die CDU eigentlich steht, dann fällt einem zuerst
die Kanzlerin ein: ihr pragmatisches Herangehen an die Dinge, der
Fokus auf sozialer Marktwirtschaft, Europäische Integration und
Außenpolitik. Doch was im Einzelnen die Kernanliegen der Partei sind,
weiß man weder bei Familie und Ehe, noch bei der Gestaltung der
Einwanderungs- und Integrationspolitik. Es fehlt der mutige Blick
nach vorn, zu viele Fragen bleiben offen. Dann ist da die SPD, die
sich in gut einem Jahr Große Koalition in vielen Bereichen
durchgesetzt hat: Mindestlohn, Rente mit 63, Familienpflege. Die
CDU-Seite wirkt dagegen mit Mütterrente, Schwarzer Null und ihrem
faulen Kompromiss zur Kalten Progression relativ blass. Auch das
belastet die Christdemokraten.

Um nach der Ära Merkel nicht in ein tiefes Loch zu fallen, braucht
die CDU klare Inhalte, die gar nicht so schwer zu finden sind. Die
Tatsache, dass es in Deutschland keine klare Einwanderungs- und
Integrationspolitik gibt, ist ein Problem, das vielen auf den Nägeln
brennt, siehe die sogenannten Pegida-Proteste in Dresden. Betriebe
die Partei hier konstruktive Politik, könnte sie sich auch besser
gegenüber der AfD behaupten als mit markigen Sprüchen.

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