Dass wir Thüringer nicht auf einer Insel leben, ist
klar. Dass es Thüringer gibt, die „Pegida“ fasziniert verfolgen und
befürworten, ist auch klar. Dass es nur eine Frage der Zeit war, bis
es ein Ableger der fremdenfeindlichen und politikverdrossenen
Dresden-Demos in den Freistaat schaffen würde, war abzusehen. Suhl
hat gestern mit Sügida begonnen. Werden weitere Städte folgen? Im
sozialen Netzwerk Facebook gibt es bereits eine Seite zu „Wegida“.
Der Weimarer Ableger hat derzeit acht „Freunde“. Ob diese Gruppe echt
oder ein studentisches „Besetzungsprojekt“ ist, ist noch unklar.
„Pegida“ zieht – im Osten zumindest – seine Kreise. Es war kein
kurzes Phänomen, es wird unsere Gesellschaft noch Wochen
beschäftigen. Was auch sein Gutes hat.
„Pegida“ ist ein roter Alarmknopf. „Pegida“ führt uns vor, wie
verletzbar unsere Demokratie ist, wie wir um unser Wertesystem
täglich kämpfen müssen. „Pegida“ zeigt, was die Politik falsch
gemacht hat – zum Beispiel als sie vergaß, darüber aufzuklären, warum
wir Flüchtlinge aufnehmen, warum wir sie brauchen. „Pegida“ tritt
floskelspuckenden Politikern auf die Füße, erinnert, dass sie für die
Menschen, ihre Ängste und Sorgen da zu sein haben. „Pegida“ lässt uns
nachdenken, Stellung beziehen und für Toleranz und Mitmenschlichkeit
kämpfen. Wenn „Pegida“ eine gute Seite hat, dann diese. Dass wir
aufgerüttelt werden und wach bleiben. Doch es gibt auch die Fratze
von „Pegida“, hinter der sich Ausländerfeindlichkeit, soziale
Abstiegsängste und Frust auf Alles und Jeden verbergen.
Viele sind schnell dabei, „Pegida-Mitläufer“ abzustempeln, in die
rechte Ecke zu drücken, sich geistig und moralisch über sie zu
stellen. Doch das wäre der allerfalscheste Umgang mit ihnen. Wenn es
in der Familie ein schwarzes Schaf oder zorniges Kind gibt, versuchen
wir auch, Zugang zu diesem Menschen zu finden. Egal, wie viel
Blödsinn er/sie angestellt hat. „Pegida“ fordert uns alle – jetzt und
jeden Einzelnen!
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