Er konnte einfach alles. Sogar Abschied. Erst
drängelte er sich mit Frechheit und Gitarre ins Fernsehen, dann wurde
er zu „TV Total“ in Person und überzog die Fernsehlandschaft mit
gnadenloser Häme. Aus einem Nachbarschaftsstreit um einen
Maschendrahtzaun machte er einen Gassenhauer und aus dem Mitschnitt
einer flapsigen Bemerkung von Bundeskanzler Schröder den Hit „Hol mir
mal `ne Flasche Bier, Flasche Bier…“. Er ließ Deutschland mit Lena
den Eurovision Song Contest gewinnen, stieg in den Ring gegen
Boxweltmeisterin Regina Halmich, erfand die Wok-WM und saß ein
bisschen wie ein Außerirdischer als Abgesandter des Privatfernsehens
in der traditionellen Elefantenrunde der Öffentlich-Rechtlichen mit
den Spitzenkandidaten der Bundestagswahl. In der drögen Fragerunde
wäre auch er fast untergegangen, hätte er – Metzgersohn, der er ist –
nicht noch schnell auf Peer Steinbrück den bleibenden Begriff vom
„King of Kotelett“ geprägt. Stefan Raab konnte einfach alles – nur
eines nicht: verlieren.
Zusammen mit Thomas Gottschalk und Günther Jauch gehört er zum
Trio der Entertainer, die in den letzten dreißig Jahren die deutsche
Fernsehunterhaltung prägten und die nun auf Abschied gestimmt sind.
Wenn der herbstblonde Gottschalk der ewige Sonnyboy ist und Jauch der
solenne Liebling aller Schwiegermütter, dann ist Raab das große Kind,
das nicht verlieren kann. Ob beim Promi-Pokern, im XXL-Wok oder beim
Quiz mit Zuschauern – immer lag er mit der Hand über dem Buzzer auf
der Lauer. Bereit, sofort zuzuschlagen. Er ist der Knabentyp, der
beim Familien-Halma den Geschwistern den Würfelbecher auf den Kopf
haut, wenn die ihn „rauswerfen“. Lasst ihn doch, sagt die Mutter
begütigend, er will ja nur spielen!
Klein-Stefan hat dann gelächelt. Oder das getan, was er dafür hält
und womit dem er noch heute die Studiogäste bei „TV Total“ begrüßt.
Denn wo Thomas in fröhlicher Jungenhaftigkeit lachte und Günther
versonnen griente, da bleckt Stefan die Zähne zu der Herausforderung:
Schlag den Raab! So geht deutsche Begrüßungskultur und
Fernsehunterhaltung heute. Sie ist grober geworden und banaler, nicht
viel schlechter als früher, aber viel schlichter.
Harald Schmidt hinterließ uns den Zyniker Oliver Pocher, sein
einstiger Gag-Schreiber Jan Böhmermann macht Spartenfernsehen für die
Unterschicht der Intellektuellen, währenddessen „Klimbim“ fröhliche
Urstände feiert. Willkommen in Raabs Republik. Welcome in der Reality
Show.
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