Thüringische Landeszeitung: Der verordnete Lohn / Kommentar von Hartmut Kaczmarek zu den von Union und SPD beschlossenen Mindestlohn-Ausnahmen in Deutschland

Die Lebensverhältnisse in Deutschland sind nicht
gleich. Was in München richtig sein kann, kann in Erfurt schon wieder
viel zu hoch sein. Der bundesweit verordnete Mindestlohn,
SPD-Lieblingsprojekt und von der Union zähneknirschend mitgetragen,
kann in vielen Branchen für heftige Turbulenzen sorgen. Andererseits
ist auch richtig: Jeder sollte von seiner Hände Arbeit leben können,
möglichst ohne Aufstockung und ohne Gang zum Sozialamt. In Thüringen
profitieren Zehntausende von den Regelungen.

Die ursprüngliche Thüringer Idee, eine paritätisch besetzte
Kommission von Arbeitgebern und Arbeitnehmern den Mindestlohn
aushandeln zu lassen, hat einen gewissen, nicht von der Hand zu
weisenden Charme. Und: Eine weitere regionale Ausdifferenzierung
hätte den unterschiedlichen Lebensrealitäten in Deutschland eher
entsprochen und die Unternehmen in wirtschaftlich schwachen Regionen
nicht so extrem belastet.

Der Widerstand in der Union gegen zu pauschale Regelungen hat sich
gelohnt. Auch wenn die Kritiker von einem „löchrigen Käse“ reden und
das ganze Gesetzeswerk viel komplizierter geworden ist, konnten die
gravierenden Probleme ganzer Branchen nicht ignoriert werden. Andrea
Nahles, die am liebsten keine Zugeständnisse gemacht hätte, musste
diese im Vergleich zum Gesamtwerk kleine Kröte schlucken.

Deshalb kann sie am Ende zufrieden sein. Die Sozialdemokraten
haben sich durchgesetzt. Bleibt nur zu hoffen, dass die vom
Wirtschaftsflügel der Union eingeforderte Überprüfung nach zwei
Jahren wirklich kommt. Denn erst dann wird man die wahren
Auswirkungen des verordneten Lohnes beurteilen können.

Pressekontakt:
Thüringische Landeszeitung
Chef vom Dienst
Norbert Block
Telefon: 03643 206 420
Fax: 03643 206 422
cvd@tlz.de

Weitere Informationen unter:
http://