Thüringische Landeszeitung: Die Angst der Polen / Kommentar von Hartmut Kaczmarek zum Besuch der deutschen Bundeskanzlerin im Nachbarland Polen vor dem Hintergrund der Ukraine-Krise

Die Angst in Polen vor dem russischen Nachbarn ist
groß. Eine der führenden polnischen Zeitungen titelte vor kurzem mit
einem aus dem deutschen entlehnten Wort: Krim-Anschluss und spielte
damit bewusst auf den so genannten Anschluss Österreichs und des
Sudetenlandes an das Hitler-Reich an. In Polen, aber auch in den
baltischen Staaten, grassiert die Sorge, dass Putins Machthunger nach
der Krim bei weitem noch nicht gestoppt sein könnte. Selbst der
bislang ungeliebte Euro könnte in unserem östlichen Nachbarland
schneller als gedacht eingeführt werden, damit die wirtschaftlichen
Verflechtungen mit Westeuropa noch enger werden.

Deshalb war es gut, dass Angela Merkel den Polen den Rücken
stärkte. Und ihre starken Worte in Richtung Russland waren Labsal für
die polnische Seele. Denn die Osteuropäer, die sich erst vor einem
Vierteljahrhundert aus dem Sowjet-Imperium befreien konnten,
fürchten, dass Putin sich mit der Krim nicht zufrieden geben wird.
Was kommt als nächstes? Die Ost-Ukraine? Auch im Baltikum leben viele
russischstämmige Bürger, die Moskau noch „beschützen“ könnte.

Auf der anderen Seite wissen die Polen auch um die Abhängigkeit
Deutschlands vom russischen Erdgas. Und genau das, fürchten sie,
könnte mit ein Grund für die vorsichtigen Reaktionen des Westens
sein. Da tut es dem deutsch-polnischen Verhältnis gut, wenn Kanzlerin
Merkel sich deutlich an die Seite des Nato-Partners stellt. Die
verbale Schraube ist von ihr in Warschau um einige Umdrehungen
angezogen worden. Die Diplomatie ist bald am Ende. Dann bleiben nur
noch Sanktionen. Aber die Krim hat der Westen schon längst verloren
gegeben.

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