Es scheint sich um eine konzertierte Aktion von
deutscher Regierungsmannschaft und Präsident zu handeln: Von
Kanzlerin Angela Merkel über Verteidigungsministerin Ursula von der
Leyen über Außenminister Frank-Walter Steinmeier bis zu Joachim Gauck
sprechen alle von der neuen geopolitischen Verantwortung
Deutschlands. Der Paradigmenwechsel in der deutschen Außenpolitik
ist eingeleitet und wird seit geraumer Zeit auch aus dem Berliner
Schloss Bellevue unterstützt.
Dass Joachim Gauck die neue Politik Russlands als aggressiv
kennzeichnet, ist aus seinem am Völkerrecht orientierten
Freiheitsbegriff heraus folgerichtig. Diese klare Ansage traf das
deutsche Staatsoberhaupt anlässlich des 75. Jahrestages des deutschen
Überfalls auf Polen in eben diesem Nachbarland, das sich aus
historischen Gründen aktuell durchaus von Russland bedroht fühlt. Er
nutzt seine einzig ihm zur Verfügung stehende Macht – die Kraft der
Worte. Das ist völlig legitim. Dabei stellt sich durchaus die Frage
danach, wie weit sich ein Bundespräsident in das politische
Tagesgeschehen einmischen darf, wie viel Zurückhaltung er sich
auferlegen sollte. Im vorliegenden Fall hat Gauck, der ja schon immer
das klare Wort liebte, aber wohl nur die neue Linie der
Bundesregierung argumentativ unterfüttert.
Ihm aber den Vorwurf zu machen, als politischer Brandstifter zu
wirken, wie dies derzeit die Partei Die Linke tut, ist einigermaßen
absurd. Gauck ist alles andere als geschichtsvergessen. Das
provokativ-expansive Handeln Moskaus bedarf einer Kommentierung.
Militärische Antworten stehen ganz sicher nicht auf der Agenda und
sollten wohl auch niemals in Erwägung gezogen werden. Aber
kommentarlos hinnehmen kann man den permanenten Bruch des
Völkerrechts durch den Kreml auch nicht. Der Westen muss Flagge
zeigen – nicht nur mit Sanktionen. Dies schließt übrigens auch nicht
aus, Kiew dazu zu bringen, mit den Separatisten zu verhandeln, auch
wenn es schwer fällt.
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