Thüringische Landeszeitung: Eltern als Risiko / Kommentar von Gerlinde Sommer zum Buch „Deutschland misshandelt seine Kinder“ zweier Berliner Rechtsmediziner

In unserem Land geht fast nichts ohne einen
entsprechenden Nachweis. Selbst für Hundehalter sind
Befähigungspapiere im Gespräch. Aber wenn es darum geht, die eigenen
Kinder zu erziehen, darf sich jeder ausprobieren, wie er will. Dabei
weiß jeder: Vater oder Mutter werden ist nicht schwer, Vater oder
Mutter sein dagegen sehr. Das ist kein Spruch fürs Sofakissen, das
spiegelt die Wirklichkeit. Jeder darf, ob er es kann oder nicht. Da
muss schon ganz viel passieren, damit eingegriffen wird. Das
Ergebnis: Unfähige Väter und Mütter – die natürlich einen minimalen
Prozentsatz darstellen – bleiben oft viel zu lange unerkannt und
damit auch ohne Hilfe. Eltern, die ein Risiko für ihre Kinder
darstellen, rutschen zu lange durch das Netz derer, die sich
staatlicherseits kümmern.

Was tun? Mehr Personal für die Ämter, heißt es natürlich. Mag
sein, dass da viel zu wenige für viel zu viele Familien zuständig
sind. Aber: Es muss auch beherzter eingegriffen werden. Es ist doch
bei Personen mit bestimmtem Vorleben, bestimmten Vorschädigungen
absehbar, dass sie ihre Aufgabe als Elternteil alleine wohl eher
nicht schaffen. Und das Kindeswohl ist allemal wichtiger als das
Elternrecht. Und deshalb ist es wichtig, Eltern auszubilden und sie
zu begleiten. Nicht mehr Repression, aber mehr Hilfe.

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