Thüringische Landeszeitung: Entzaubern statt aussperren / Kommentar von Gerlinde Sommer zur Ausladung der AfD vom 100. Deutschen Katholikentag

Politiker sind Gäste des Katholikentages. Gäste
kann sich der Gastgeber aussuchen. Niemand muss bei seiner Feier
jeden ans Rednerpult lassen. Insofern ist es die durchaus legitime
Entscheidung der Veranstalter des Katholikentages in Leipzig, die AfD
nicht auf die Podien zu holen. Das mag ein Affront sein. Aber das ist
nicht der Punkt. Die Frage ist: Ist es schlau, die AfD draußen zu
lassen, statt von ihr Klarheit zu verlangen? Sie stilisiert sich ja
sowieso gerne als Außenseiterin. Ich meine: Besser wäre es, die AfD
an ihren Worten und Taten zu messen und von ihr Auskunft zu verlangen
– gerade aus christlicher Sicht.

Es muss ja niemand jene in die erste Reihe bei der Eröffnung
setzen, die etwa auf dem Erfurter Domplatz über den hiesigen Bischof
ihre verbalen Mistkübel ausgekippt haben, weil er ihnen das Licht der
Kirche versagte und den Spiegel vorhielt. Wer–s nicht glaubt:
nachhören auf Youtube.

Aber eine Diskussion dar-über, ob der barmherzige Samariter einer
von diesen von der AfD ständig lächerlich gemachten Gutmenschen ist,
das könnte interessant werden. Und eine Debatte dar-über, was die
Heilige Familie erlebte, als sie nach Ägypten flüchten musste, ließe
leicht den Bogen ins Heute schlagen.

Der in vielfacher Hinsicht „besorgte Bürger“ wird auch unter den
Katholikentagsbesuchern sein. Eine entzauberte AfD ist da allemal
lehrreicher als eine Partei, die sich mal wieder in der Märtyrerrolle
gefallen darf.

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